Eritrea

Eritrea

Die Menschenrechtslage in Eritrea bleibt besorgniserregend. Jedes Jahr verlassen mehrere Tausend Menschen das Land. Trotzdem sprechen die Schweizer Behörden weiterhin Wegweisungsverfügungen gegenüber eritreischen Staatsangehörigen aus.

Fluchtgründe

Eritrea ist eine repressive Diktatur; Menschenrechtsverletzungen sind an der Tagesordnung. Männer, Frauen und manchmal sogar Kinder aus Eritrea werden in den Nationaldienst mit unbegrenzter Dauer zwangsrekrutiert und dort schweren Menschenrechtsverletzungen ausgesetzt. Aktuell sind mehrere Tausend Personen willkürlich und ohne Anklage inhaftiert, insbesondere Regimegegnerinnen und -gegner, Journalistinnen und Journalisten und Mitglieder religiöser Minderheiten, die vom Regime nicht anerkannt sind. Berichte internationaler Organisationen dokumentieren, dass Deserteurinnen oder Deserteure und Wehrdienstverweigernde inhaftiert und gefoltert  werden.

Auch das im Sommer 2018 mit Äthiopien unterzeichnete Friedensabkommen hat kaum positive Veränderungen für die Bevölkerung von Eritrea gebracht. Die Grenzen sind seit April 2019 wieder geschlossen, die in Aussicht gestellten Reformen wurden auf Eis gelegt.

Bis heute gibt es keine unabhängigen und zuverlässigen Quellen, die Verbesserung der Menschenrechtssituation in Eritrea bescheinigen könnten.

Asylgesuche in der Schweiz

Zum ersten Mal seit 2010 führt Eritrea im 2021 nicht mehr die Asylstatistik der Schweiz an. Mit 2029 registrierten Asylgesuchen sind Eritreerinnen und Eritreer die dritthäufigsten Gesuchstellenden. Davon entfallen 1642 auf zweitinstanzliche Asylanträge (Familienzusammenführung, Geburten, Mehrfachgesuche), bei 386 handelt es sich um erstinstanzliche Asylanträge. Diese Zahl stellt die Anzahl der Personen dar, die in diesem Jahr in die Schweiz eingereist sind.  

Schutzstatus

Die meisten Asylsuchenden aus Eritrea erhalten entweder den Status als anerkannte Flüchtlinge oder den Status der vorläufigen Aufnahme. Im Jahr 2021 haben in insgesamt 2138 abgeschlossenen Fällen 1444 Eritreerinnen und Eritreer Asyl erhalten, 432 wurde eine vorläufige Aufnahme gewährt. Die Schutzquote (Anteil der Asylgewährungen plus vorläufige Aufnahmen zum Total aller Entscheide) betrug damit 89%. Die verbleibenden Asylgesuche wurden zumeist mit einem Dublin-Nichteintretensentscheid entschieden, was bedeutet, dass ein anderer Staat im Schengen-Dublin-Raum für das Gesuch zuständig ist.

Praxis der Schweizer Behörden

Die Asyl- und Wegweisungspraxis der Schweizer Behörden gegenüber Asylsuchenden aus Eritrea hat sich seit 2016 verschärft: die illegale Ausreise und der drohende Einzug in den Nationaldienst führen nicht mehr per se zur Anerkennung der Flüchtlingseigenschaft. Zudem halten die Schweizer Behörden den Wegweisungsvollzug nach Eritrea grundsätzlich für zumutbar. Diese Verschärfungen sind aus Sicht der SFH angesichts der problematischen Situation in Eritrea und der unsicheren Informationslage nicht gerechtfertigt. Der UNO-Antifolterausschuss hat in mehreren Fällen Wegweisungen aus der Schweiz nach Eritrea gestoppt, weil diese gegen das Refoulement-Verbot verstossen würden (CAT-Entscheide Nr. 916/2019 vom 28. Januar 2022, Nr. 900/2018 vom 23. Juli 2021).

Da es kein Rückkehrmonitoring gibt, bleibt in der Regel unbekannt, was mit Personen geschieht, die nach Eritrea zurückgekehrt sind. Ein Einzelfall konnte im Mai 2022 erstmals dokumentiert werden. Das Asylgesuch von «Yonas» wurde in der Schweiz abgelehnt, er kehrte nach Eritrea zurück, wo er verhaftet und gefoltert wurde. Ihm gelang erneut die Flucht in die Schweiz, wo er auf sein zweites Asylgesuch hin Asyl erhielt. Der Fall zeigt das Risiko, wenn trotz unklarer Informationslage Wegweisungsentscheide gefällt werden, deutlich auf.

Da Zwangsrückführungen nach Eritrea nicht durchführbar sind, landet seit der verschärften Wegweisungspraxis eine wachsende Anzahl von Personen in der Nothilfe und muss in einer äusserst prekären Situation leben.

Dafür setzen wir uns ein

  • Wegweisungen nach Eritrea sind angesichts der repressiven Diktatur mit weitverbreiteten Menschenrechtsverletzungen und der unsicheren Informationslage, auf die auch das Bundesverwaltungsgericht immer wieder hinweist, nicht gerechtfertigt. Die Schweizer Asyl- und Wegweisungspraxis zu Eritrea muss dem Schutzgedanken stärker Rechnung tragen. Die Behörden dürfen sich nicht auf Mutmassungen stützen.
  • Ob eine Gefährdung im Sinne einer asylrelevanten Verfolgung vorliegt, ist in jedem Einzelfall vertieft zu prüfen.
  • Wo eine asylrelevante Verfolgung verneint wird oder aufgrund der unsicheren Informationslage nicht abschliessend beurteilt werden kann, ist eine vorläufige Aufnahme zu gewähren.
  • Die Regularisierungsmöglichkeiten für den Aufenthalt von Personen, die längerfristig nicht in ihr Herkunftsland zurückkehren können, müssen ausgebaut werden.
  • Die SFH setzt sich generell für einen Ausbau der sicheren und legalen Aufnahmewege ein.