EU-Pakt zu Migration und Asyl

Nach jahrelangen Verhandlungen wurde der EU-Pakt zu Migration und Asyl im Mai 2024 verabschiedet. Die neuen Regelungen sollen ab 2026 angewendet werden und die europäische Asyl- und Migrationspolitik grundlegend reformieren. Aus Sicht der Schweizerischen Flüchtlingshilfe (SFH) löst der Pakt die bestehenden Probleme in Europas Umgang mit Migration und Asyl nicht, führt jedoch auf Kosten des notwendigen Schutzes für Geflüchtete zu massiven Verschärfungen. Wir setzen uns für die Wahrung der Menschenrechte und eine solidarische Schweiz ein.

Massive Verschärfungen auf Kosten des Flüchtlingsschutzes

Mit dem EU-Pakt zu Migration und Asyl reformiert die EU die gemeinsame europäische Asyl- und Migrationspolitik grundlegend. Zu den Kernelementen der Reform gehören unzulängliche Schnellverfahren an den EU-Aussengrenzen unter faktischen Haftbedingungen, wovon selbst Familien mit Kindern nicht ausgenommen werden, und eine verstärkte Kooperation mit vermeintlich sicheren Drittstaaten. In verschiedenen Ausnahmefällen können mit der anstehenden Reform die bereits heute tiefen Standards weiter abgesenkt werden. Der Kern des Dublin-Systems – die Zuständigkeit jenes Staates, in den eine asylsuchende Person zuerst eingereist ist – bleibt derweil weitgehend unangetastet, obschon dies zu einer äusserst ungleichen Aufteilung der Verantwortung unter den europäischen Ländern führt. Mehr noch: Der Druck auf exponierte Staaten an den Schengen-Aussengrenzen wie Italien oder Griechenland dürfte insgesamt sogar noch zunehmen.

Die einzelnen Verordnungen des EU-Paktes sind im Sommer 2024 in Kraft getreten und sind nun von den Mitgliedstaaten umzusetzen, so dass das neue Regelwerk ab Sommer 2026 angewendet werden kann. Bis zu diesem Zeitpunkt sollen die bestehenden Regelungen weiter angewendet werden, darunter etwa die Dublin-III-Verordnung.

Rolle der Schweiz

In rechtlicher Hinsicht stellen für die Schweiz als assoziiertes Schengen-/Dublin-Mitglied Teile der Reform – darunter insbesondere die Screening-Verordnung, die neue Eurodac-Verordnung sowie der Ersatz der Dublin-III-Verordnung – Weiterentwicklungen des Schengen-Dublin-Besitzstandes dar.

Daneben gibt es eine politische Dimension. Die Schweiz sitzt seit Beginn der Reformarbeiten mit beratender Stimme am Verhandlungstisch der zuständigen europäischen Justiz- und Innenminister*innen. Sie ist fest in das gesamte europäische System eingebunden und trägt und finanziert dieses auch mit. Daraus resultiert eine politische Mitverantwortung für das gesamte System.

DafĂĽr setzen wir uns ein

  • Menschenrechte als Priorität: Die SFH begleitet und kommentiert die Entwicklungen rund um den EU-Pakt seit Beginn kritisch. Sie setzt sich fĂĽr die Wahrung von Menschenrechten, Rechtsstaatlichkeit und MenschenwĂĽrde in jeder Phase, in jedem Prozess und fĂĽr jede Person innerhalb der EU sowie an ihren Grenzen ein. Verstösse im Hinblick auf die Aufnahme und das Asylverfahren sind zu untersuchen und konsequent zu sanktionieren.
  • Solidarische Schweiz: Die SFH setzt sich dafĂĽr ein, dass sich die Schweiz – wie schon bei frĂĽherer Gelegenheit – an einer europäischen Lösung zur Umsiedlung (engl. relocation) von Schutzsuchenden beteiligt. Ausserdem soll die Schweiz das Selbsteintrittsrecht vermehrt anwenden, um die Staaten an der EU-Aussengrenze zu entlasten. Daneben braucht es vor allem mehr Solidarität mit schutzsuchenden Menschen. Weil mit dem EU-Pakt die Abschottung Europas weiter zunehmen wird, muss die Schweiz mehr sichere Zugangswege schaffen, damit schutzbedĂĽrftige Menschen nicht immer häufiger auf lebensgefährliche Fluchtrouten gezwungen werden.