Russischen Wehrdienstverweigerern und Deserteuren raschen Zugang in die Schweiz ermöglichen

26. September 2022

Viele Flüge aus Russland sind aktuell mit russischen Schutzsuchenden ausgebucht, andere verlassen ihre Heimat über den Landweg. Gleichzeitig werden aus der Politik Forderungen nach einer Wiedereinführung des Botschaftsasyls laut. Aus Sicht der Schweizerischen Flüchtlingshilfe (SFH) ist russischen Wehrdienstverweigerern und Deserteuren in der Schweiz rascher Zugang zu Schutz, d.h. zum Asylverfahren, zu ermöglichen, damit ihre Gefährdung im Einzelfall geprüft werden kann.

Seit der offiziellen Teilmobilisierung in Russland nehmen die Fluchtbewegungen aus Russland stark zu. Medien berichten aktuell von ausgebuchten Flügen und letzten Tickets, die zu stark überhöhten Preisen angeboten werden. Nach Ansicht der SFH brauchen russische Wehrdienstverweigerer und Deserteure jetzt sofort Zugang zu asylrechtlichem Schutz. Hierfür müssen sie rasch in die Schweiz einreisen können, um hier ein Asylgesuch stellen zu können. Ihre Gefährdung wird dann im Einzelfall geprüft. Schweizer Botschaften könnten gefährdeten Personen für die Einreise in die Schweiz rasch ein humanitäres Visum ausstellen. Dies ist eine sofort umsetzbare Massnahme, um Betroffenen zu helfen. Die Praxis bezüglich der humanitären Visa ist generell zu restriktiv. Die aktuelle Situation in Russland zeigt beispielhaft, wie wichtig dieses Instrument ist.

Aus der Politik sind ausserdem Voten für die Wiedereinführung des 2012 abgeschafften Botschaftsasyls zu vernehmen. Die SFH begrüsst diese Forderung grundsätzlich. Allerdings erfordert dies eine Gesetzesänderung, was längere Zeit beanspruchen würde, weshalb sich das Botschaftsasyl nicht als rasche Lösung anbietet.

Russische Wehrdienstverweigerer und Deserteure haben in der Schweiz Chancen auf Asyl. Dies trotz einer Ausnahmeklausel im Asylgesetz (Artikel 3, Absatz 3), wonach Personen, die wegen Wehrdienstverweigerung oder Desertion ernsthafte Nachteile befürchten, keine Flüchtlinge sind. Die Genfer Flüchtlingskonvention schützt nämlich Wehrdienstverweigerer oder Deserteure, denen eine unverhältnismässig hohe Strafe droht, weil ihr Verhalten als politisch oppositionelle Haltung zu ihrem Herkunftsland eingestuft wird. Unter dieser Bedingung erfüllen Betroffene die Flüchtlingseigenschaft gemäss Genfer Konvention und müssen deshalb als Flüchtlinge anerkannt werden. Ob dies der Fall ist, muss jeweils im Einzelfall geprüft werden.