Bundesrat nimmt Stellung zur Verteilung der Asylsuchenden auf die Kantone

26. Mai 2025

Am 23.05.2025 hat der Bundesrat zu einem Bericht der Geschäftsprüfungskommission des Ständerats (GPK-S) zur Verteilung der Asylsuchenden auf die Kantone Stellung genommen. Der Entscheid für die Kantonszuweisung ist von ausserordentlich grosser Bedeutung für die Betroffenen. Die Schweizerische Flüchtlingshilfe begrüsst, dass Kriterien, die für die Integration der Asylsuchenden eine wichtige Rolle spielen, künftig stärker beachtet werden sollen. Gleichzeitig müssen Ungleichbehandlungen von Asylsuchenden vermieden werden und der Zugang zu Rechtsschutz jederzeit gewährleistet sein.

Evaluation der Kantonsverteilung richtig und notwendig  

Die Geschäftsprüfungskommission des Ständerats (GPK-S) hat die Verteilung der Asylsuchenden auf die Kantone untersucht, die von Seiten der Kantone verschiedentlich kritisiert worden war. Gestützt auf eine Evaluation der Parlamentarischen Verwaltungskontrolle (PVK) kommt die Kommission zu dem Schluss, dass die Verteilung grundsätzlich zweckmässig ist. Zu einigen Punkten, wo es aus Sicht der Kommission Verbesserungen braucht, hat sie gezielte Empfehlungen ausgesprochen. Der Bundesrat hat nun dazu Stellung genommen und will zwei von sieben der Empfehlungen vertieft prüfen. So soll näher betrachtet werden, wie die Verteilkriterien erweitert werden können, um eine bessere Integration der Asylsuchenden zu fördern. Ebenso soll geprüft werden, wie die Verteilung von Personen mit besonderen Bedürfnissen wie unbegleiteten Minderjährigen oder betreuungsintensiven Medizinalfällen ausgeglichener gestaltet werden kann.  

Die SFH begrüsst die Evaluation, da die Kantonsverteilung für die Betroffenen von grosser Tragweite ist. Die Verteilung der Asylsuchenden auf die Kantone erfolgt proportional nach der Bevölkerung und sie ist rechtlich bindend. Die Hürden für einen späteren Kantonswechsel sind hoch. Dazu müsste ein Anspruch auf Einheit der Familie oder eine schwerwiegende Gefährdung vorliegen. Die meisten Personen können den Kanton erst wechseln, wenn sie als Flüchtlinge anerkannt oder unabhängig von Sozialhilfe sind.  

SFH begrüsst eine stärkere Beachtung von Integrationskriterien 

Bisher werden Faktoren wie Sprachkenntnisse oder Ausbildungsstand, die für eine gelungene Integration der Asylsuchenden relevant sind, im Verteilmechanismus nicht berücksichtigt. Erst nach der Zuweisung an einen Kanton oder nach dem erstinstanzlichen Entscheid wird das Integrationspotenzial dahingehend erhoben. Dies kann die Integration massgeblich erschweren oder verzögern – beispielsweise, wenn frankophone Asylsuchende zunächst mehrere Jahre Deutsch lernen müssen oder wenn sich hochqualifizierte Personen weitab von universitären Standorten befinden. 

Seit 2020 führt das SEM gemeinsam mit der ETH Zürich ein Pilotprojekt durch, um bei der Kantonsverteilung die Integrationschancen besser zu berücksichtigen. Die Erkenntnisse aus diesem Projekt sollen nun in die Prüfung des Verteilmechanismus einfliessen. Die SFH begrüsst dies sehr und unterstützt, dass eine Erfassung integrationsrelevanter Daten bereits auf Bundesebene erfolgt und diese bei der Verteilung an die Kantone genügend berücksichtigt werden sollen. Dabei muss der Informationsfluss zwischen Bund und Kantonen sichergestellt sein, damit die Integrationsförderung möglichst lückenlos erfolgen kann. 

Neben der Arbeitsmarktintegration müssen auch soziale Integration und verwandtschaftliche Beziehungen berücksichtigt werden   

Die SFH teilt die Forderungen der Fachpersonen im Rahmen der Evaluation, wonach bei der Kantonsverteilung verwandtschaftliche Beziehungen auch ausserhalb der Kernfamilie stärker berücksichtigt werden sollten. Der Familienbegriff, der bis anhin nur Ehegatten und leibliche Kinder umfasst, ist aus Sicht der SFH zu eng gefasst. Um die Integration zu erleichtern, sollten auch nahe Verwandte und enge Bezugspersonen einbezogen werden. Besonders für ältere Menschen oder andere Personen mit Unterstützungsbedarf ist hilfreich, wenn sie in der Nähe von Verwandten leben können. Bisher erfolgt eine solche Zuweisung nur, wenn eine besondere Abhängigkeit vorliegt. Dabei würde die Unterstützung durch nahe Verwandte oder Bekannte grundsätzlich helfen, sich rascher in der Schweiz zurecht zu finden. Der Bund will zwar auch die Ausweitung des Familienbegriffs prüfen, weist aber gleichzeitig darauf hin, dass dies die proportionale Verteilung gefährden könnte.  

Zugang zu Rechtsschutz und Rechtsgleichheit müssen sicherstellen sein  

Bei einer Anpassung des Verteilmechanismus müssen auch bei einer Kantonszuweisung ausserhalb der Asylregion der Zugang zum Rechtsschutz sowie der Informationsfluss lückenlos gewährleistet bleiben. Die SFH kritisiert, dass der Bund keinen Handlungsbedarf mit Blick auf eine möglichst einheitliche Anwendung des Verteilschlüssels in den Asylregionen sieht, obwohl im zugrundeliegenden Bericht beträchtliche Unterschiede bei der manuellen “Übersteuerung” des automatischen Verteilschlüssels festgestellt wurden. Die Verteilung der Asylsuchenden erfolgt grundsätzlich zwar proportional zur Bevölkerungsgrösse der Kantone. Da aber weitere Faktoren wie Nationalität, Betreuungsbedarf und familiäre Beziehungen berücksichtigt werden müssen, wird die automatische Zuteilung in fast zwei Dritteln der Fälle manuell nachkorrigiert. Um Rechtsgleichheit zu gewährleisten, müssen aus Sicht der SFH in jedem Fall alle notwendigen Massnahmen ergriffen werden, um Ungleichbehandlungen von Asylsuchenden je nach Region zu vermeiden.  

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