Tausende von Migranten gefangen in einer rechtsfreien Zone zwischen Polen und Belarus

12. November 2021

Seit kurzem zirkulieren beunruhigende Bilder in den sozialen Netzwerken, welche zeigen, wie Migrantinnen und Migranten von polnischen Sicherheitskräften mit Gewalt nach Belarus zurückgedrängt werden. Diese Praxis widerspricht internationalem Recht. Die Schweizerische Flüchtlingshilfe (SFH) erwartet von der Schweiz, dass sie sich für den Schutz der Menschenrechte an der EU-Aussengrenze einsetzt.

Tausende Migrantinnen und Migranten, die meisten von ihnen aus dem mittleren Orient, befinden sich seit Monaten in der Grenzregion zwischen Polen und Belarus. Mindestens zehn von ihnen sind wegen Kälte und Erschöpfung bereits gestorben. Der Zugang zum Gebiet ist Medienschaffenden und Hilfsorganisationen untersagt.

Von belarussischen Sicherheitskräften über die Grenze getrieben und von den polnischen Sicherheitskräften zurückgedrängt, sind die Schutzsuchenden Opfer und Leidtragende der politischen Krise zwischen Belarus und der Europäischen Union. Die Europäische Union beschuldigt Belarus, die Ankunft der Migrantinnen und Migranten zu orchestrieren, indem ihnen Visas ausgestellt und die Reise vom mittleren Orient nach Belarus und weiter an die Grenze ermöglicht wird. Der autokratische Machthaber von Belarus, Alexander Lukaschenko, würde so auf die Sanktionsmassnahmen reagieren, welche nach der brutalen Unterdrückung der Opposition durch sein Regime durch die EU verhängt worden waren.

Für die Schweizerische Flüchtlingshilfe (SFH) ist es inakzeptabel, dass dieser politische Konflikt auf dem Rücken von Geflüchteten ausgetragen wird.

Unsere Forderungen in vier Punkten

  • Politik darf nicht auf Kosten von Menschenleben gemacht werden. Die SFH erwartet von der Schweiz, dass sie sich mit Nachdruck für die Einhaltung der Menschenrechte und des Völkerrechts an der EU-Aussengrenze einsetzt. Hierzu gehört insbesondere das Recht, in einen Staat einzureisen und dort ein Asylgesuch zu stellen. Asyl zu ersuchen ist ein Menschenrecht. Es gilt für alle Personen, unabhängig davon, wie und aus welchen Gründen sie eingereist sind.
  • Den Geflüchteten an der belarussisch-polnischen Grenze muss entsprechend die Möglichkeit gegeben werden, in Polen einen Asylantrag zu stellen, und die EU und die Schweiz müssen Polen dabei unterstützen. Zur Überprüfung der menschenrechtlichen Situation sind ausserdem unabhängige Beobachter und Journalisten ins Grenzgebiet zu lassen.
  • Die humanitäre Situation an der belarussisch-polnischen Grenze ist katastrophal und verschlechtert sich fortlaufend. Die dortigen Schutzsuchenden müssen umgehend Zugang zu medizinischer Versorgung, Nahrung und Schutz erhalten. Die Schweiz soll sich gegenüber Polen dafür einsetzen, dass Hilfsorganisationen und NGOs Zugang ins Grenzgebiet erhalten und zu den Geflüchteten gelangen können.
  • Belarus missbraucht die Geflüchteten als politisches Druckmittel. Die EU wird voraussichtlich nächste Woche über eine Erhöhung des politischen Drucks gegenüber Belarus befinden. Die Schweiz soll die Übernahme allfälliger Massnahmen prüfen, falls solche beschlossen werden

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