Neue Studie liefert wichtige Erkenntnisse zum Gelingen von Integration

11. September 2024

Über 65'000 Geflüchtete aus der Ukraine leben zurzeit in der Schweiz (Stand Februar 2024). Sie erhalten in der Regel den Schutzstatus S. Eine neue Studie hat nun den Integrationsverlauf von ukrainischen Geflüchteten untersucht.

Das Institut für Vielfalt und gesellschaftliche Teilhabe der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften (ZHAW) hat im Zeitraum von November 2022 bis Juli 2024 die Integration von Geflüchteten aus der Ukraine im Kanton Zürich untersucht. Ermittelt werden sollte der Einfluss des Status S und der zu Beginn hohen Aufnahmebereitschaft der Gesellschaft auf die Themen Zugang zu Informationen, Wohnsituation, finanzielle Unterstützung, berufliche Eingliederung und Bildung, psychische und physische Gesundheit, Kinderbetreuung und Einschulung sowie soziale Vernetzung der geflüchteten Personen. Die Schweizerische Flüchtlingshilfe (SFH) hat sich in einer Begleitgruppe an der Studie beteiligt.

Die SFH begrüsst die Untersuchung der Integrationsmöglichkeiten der ukrainischen Geflüchteten in der Schweiz. Die Studie weist auf zentrale Einflussfaktoren für die Integrationsförderung hin und verdeutlicht erste Entwicklungen im Integrationsverlauf. Sie leistet so einen wertvollen Beitrag zur laufenden Debatte über Massnahmen zur Erhöhung der Erwerbsquote von Geflüchteten aus der Ukraine.

Unsichere Perspektiven erschweren die Integration

Die Studienergebnisse zeigen, dass ukrainische Geflüchtete meist gut vernetzt sind und regelmässigen Austausch mit Schweizer Kontaktpersonen pflegen. Die physische und psychische Verfassung der Befragten war zu Beginn ihres Aufenthaltes in der Schweiz trotz kriegsbedingten Belastungsfaktoren den Umständen entsprechend gut. Im Laufe der Zeit verschlechterte sich die Gesundheit allerdings unter anderem aufgrund von ungewissen Perspektiven und der schwierigen Arbeitsaufnahme. Ein Grund dafür ist auch die hohe Erwartungshaltung der offiziellen Schweiz wie auch der Geflüchteten, dass die Personen aus der Ukraine besonders rasch im Arbeitsmarkt Fuss fassen würden.  Die Studie zeigt aber: Die Schwierigkeiten bei der wirtschaftlichen Integration der Geflüchteten sind vergleichbar mit jenen anderer Flüchtlingsgruppen. Der aufwändige Spracherwerb, die fehlende Anerkennung von Diplomen, die mangelnden Kinderbetreuungsmöglichkeiten und die Skepsis seitens Arbeitgebenden in Bezug auf die Perspektiven der Geflüchteten erschweren auch bei Personen mit Status S die berufliche Integration.

Die Ergebnisse bestätigen die Haltung der SFH. Ein sicherer Aufenthaltsstatus spielt sowohl für die Betroffenen als auch für die Arbeitgebenden eine grosse Rolle. Damit sich die ukrainischen Geflüchteten auf den Integrationsprozess konzentrieren können, ist eine langfristige Aufenthaltsperspektive notwendig. Die unsicheren Zukunftsaussichten, der andauernde Konflikt im Herkunftsland und die Hürden bei der Erwerbsintegration sind Belastungsfaktoren, die sich negativ auf die Gesundheit der Betroffenen auswirken. Es braucht deshalb für alle Personen einen Ausbau der niederschwellig zugänglichen, psychosozialen Beratungsangebote sowie genügend Therapieplätze für traumatisierte Personen.

Um eine nachhaltige Integration in den Arbeitsmarkt zu fördern, braucht es zudem Zugang zu Sprachkursen über das Niveau A2 hinaus. Zusätzlich müssen Hindernisse bei den Diplomanerkennungen abgebaut werden. Da ein überdurchschnittlich hoher Anteil der Geflüchteten aus der Ukraine Frauen mit Kindern sind, ist ausserdem ein Ausbau der Kinderbetreuungsstrukturen zentral.

Soziale Integration wiegt Belastungsfaktoren nicht auf

Gastfamilien und Freiwillige können einen wichtigen Beitrag zur sozialen Integration der Geflüchteten leisten. Die aufgebauten Netzwerke sind hilfreich, um in der Schweizer Gesellschaft und im Arbeitsmarkt Fuss zu fassen. Über die Hälfte der Gastfamilien pflegen langfristig Kontakt mit den ukrainischen Geflüchteten, die sie aufgenommen haben. Die soziale Integration kann aber die Hindernisse in der Erwerbsintegration nicht wettmachen. Unterstützend wirken beispielsweise Schlüsselpersonen aus der Diaspora zur Informationsvermittlung in Bezug auf Schule, Ausbildung und Arbeitsmarkt sowie spezifische Massnahmen für Kinder und Jugendliche in den Schulen sowie die Bereitstellung von kostenlosen Freizeitangeboten.