Der EU-Pakt zu Asyl und Migration bringt bereits massive Verschlechterungen für geflüchtete Menschen mit sich. Der Pakt wurde letztes Jahr beschlossen, ist jedoch noch gar nicht in Kraft getreten und konnte seine Wirkung somit noch nicht entfalten. Dennoch plant die EU bereits weitere massive Hürden für schutzsuchende Menschen.
Die EU-Innenminister*innen haben sich gestern bei einem Treffen in Brüssel darauf geeinigt, den Zugang zu Schutz in Europa nochmals erheblich einzuschränken. Sie bekräftigten dabei insbesondere ihren Willen, Asylverfahren und Rückführungen in Drittstaaten auszulagern. Verschiedene Länder entlang der Fluchtrouten sowie mehrere Herkunftsländer sollen zu diesem Zweck als «sicher» eingestuft werden.
SFH lehnt Externalisierungen entschieden ab
Mit den geplanten Verschärfungen verabschiedet sich Europa weiter von der kollektiven Verantwortung des Flüchtlingsschutzes, wonach geflüchtete Menschen das Recht auf ein faires Verfahren und bei Bedarf Schutz erhalten sollten. Die SFH kritisiert die geplanten Massnahmen daher scharf.
Insbesondere lehnt sie die Externalisierung von Asylverfahren, Schutzverpflichtungen und Wegweisungsvollzug in Drittstaaten entschieden ab, da damit das Tor für eklatante Verstösse gegen völkerrechtliche Verpflichtungen und internationale Menschenrechtsnormen wie das Non-Refoulement-Gebot geöffnet wird.
Hintergrund
Die Mitgliedstaaten haben sich erstens auf eine gemeinsame Position zur EU-Rückführungsverordnung geeinigt. Diese soll die Möglichkeit schaffen, Rückkehrzentren («Return Hubs») ausserhalb der EU einzurichten: Asylsuchende mit negativem Entscheid sollen in Zukunft in Drittstaaten abgeschoben werden können, selbst wenn sie noch nie zuvor dort waren. Gegenüber der aktuell geltenden Rückführungs-Richtlinie soll mit der Verordnung ausserdem die Abschiebehaft massiv ausgeweitet werden.
Zweitens wollen die Innenminister*innen die Bestimmungen zu sog. sicheren Drittstaaten verschärfen. Hat eine asylsuchende Person vor ihrer Ankunft in der EU einen solchen sicheren Drittstaat durchquert, soll ihr Asylgesuch künftig ohne inhaltliche Prüfung als unzulässig abgelehnt werden können. Darüber hinaus sollen es die Anpassungen vereinfachen, Asylverfahren gleich ganz in solche – vermeintlich – sichere Drittstaaten auszulagern.
Drittens soll den Mitgliedstaaten zufolge eine Reihe von Ländern – Bangladesch, Kolumbien, Ägypten, Indien, Kosovo, Marokko und Tunesien – EU-weit als sichere Herkunftsländer eingestuft werden. Staatsangehörige dieser Länder sollen in Zukunft nur noch ein beschleunigtes Asylverfahren erhalten.
Die nächsten Schritte
Die gestrigen Entscheide sind eine politische Weichenstellung, aber noch kein finaler Beschluss. Es folgen nun zu allen drei Vorschlägen Verhandlungen zwischen den Mitgliedstaaten und dem EU-Parlament. Die Rückführungsverordnung ist – als einzige der drei Vorlagen – Teil des Schengen-Besitzstandes und im Falle eines Beschlusses auch von der Schweiz zu übernehmen.
Die SFH und ihre Partnerorganisationen in ganz Europa werden die Entwicklungen weiterhin genau verfolgen und sich für die Wahrung von Menschenrechten, Rechtsstaatlichkeit und Menschenwürde einsetzen.

