Keine Scheinlösungen zu Eritrea

23. Mai 2024

Die eritreische Diaspora und Ausschreitungen beschäftigen die Politik im Bundeshaus. Gewalttätige Geflüchtete aus Eritrea, die das Regime unterstützen, sollen sanktioniert werden können. Dies verlangt Ständerat Andrea Caroni (FDP/AI) mit einer Motion. Die grosse Kammer hat in der vergangenen Frühlingssession dem Vorstoss zugestimmt. Die Schweizerische Flüchtlingshilfe (SFH) erinnert daran, dass Zwangsrückführungen nach Eritrea nicht möglich sind. Die Motion ist auch nicht zielführend: Anhängerinnen und Anhänger des Regimes sind oft schon Jahrzehnte in der Schweiz und eingebürgert.

Am 24. Mai feiert Eritrea seinen Nationalfeiertag. Erstmals hat in diesem Zusammenhang die Kantonale Konferenz der Justiz- und Polizeidirektoren (KKJPD) die Städte und Gemeinden vor möglichen gewaltsamen Ausschreitungen im Rahmen von «Kulturfestivals» zwischen Anhänger*innen und Gegner*innen des Regimes gewarnt. Politisch verlangt in der Sommersession ein Vorstoss, dass härter gegen gewaltsame Befürworterinnen und Befürworter des Regimes vorgegangen wird. Konkret würde die Annahme der Motion Caroni bedeuten, dass gegen diese Geflüchteten ein Wegweisungsentscheid gefällt werden kann. Wie der Bundesrat jedoch in seiner Stellungnahme zur Motion festhält, ist eine solche Sanktion bereits im heutigen Ausländerrecht vorgesehen. 

Zwangsrückführungen nach Eritrea sind nicht möglich

Die SFH setzt sich dafür ein, dass keine Wegweisungsentscheide gegen Geflüchtete aus Eritrea verfügt werden. Denn: Weil das Regime am Horn von Afrika seit Jahrzehnten keine Zwangsausschaffungen akzeptiert, sind Zwangsrückführungen nach Eritrea nicht durchführbar. Ungeachtet davon wurde die Wegweisungspraxis bei Eritreerinnen und Eritreern bereits einmal verschärft. Immer mehr Betroffene müssen deshalb Nothilfe beanspruchen und in einer besonders prekären Situation leben. Notwendig wäre nach Auffassung der SFH ein Schritt in die andere Richtung: Die Regularisierungsmöglichkeiten für den Aufenthalt von Personen, die langfristig nicht in ihr Herkunftsland zurückkehren können, müssten ausgebaut werden.

Konflikt in der Diaspora – Hintergrund

Die Konflikte in der Schweiz, wie zuletzt Anfang April in Gerlafingen im Kanton Solothurn oder in Opfikon im Kanton Zürich, weisen auf eine tiefe Gespaltenheit der eritreischen Diaspora in der Schweiz hin.

Bei Eritreerinnen und Eritreern, die das Regime feiern, handelt es sich oft um Personen, die Eritrea während des Unabhängigkeitskriegs gegen Äthiopien in den 1990er Jahren verlassen haben und damals in die Schweiz geflüchtet sind. Sie wurden damals aufgrund von politischer Verfolgung als Flüchtlinge anerkannt oder vorläufig aufgenommen, verfügen inzwischen oft über den Schweizer Pass und leben seit vielen Jahren in der Schweiz. Im Unabhängigkeitskampf der 1990er Jahre war der Langzeitpräsident Isaias Afewerki eine führende Person, ein Freiheitskämpfer gegen das repressive Äthiopien.

Die Geflüchteten aus den 1990er Jahren haben wegen ihrer Flucht nicht miterlebt, was in Eritrea in den nachfolgenden Jahren und Jahrzehnten passierte und wie Afewerki zum Diktator wurde. Er führt das Land bis heute mit harter Hand: Jahrelanger Nationaldienst für alle, Inhaftierung mit Folter etc.

Jene Eritreerinnen und Eritreer, die später geflüchtet sind, mussten ihre Heimat gerade wegen dieser Unterdrückung und Verfolgung des Regimes Afewerki verlassen. Sie kennen Eritrea und Afewerki von einer anderen Seite. Für sie sind die sogenannten «Kulturfestivals» eine Provokation, da sie ja gerade vor Unterdrückung und Verfolgung durch das Regime Afewerkis geflüchtet sind – und hier in der Schweiz nun auf Anhängerinnen und Anhänger dieses Regimes stossen.

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