Gleiche Rechte für Geflüchtete

22. März 2022

Ukrainische Geflüchtete erhalten in der Schweiz sofort den Schutzstatus S, während die meisten Geflüchteten aus Kriegsländern wie Afghanistan und Syrien hier oft jahrelang mit einer vorläufigen Aufnahme leben. Beide Regelungen bergen aus Sicht der Geflüchteten Vor- und Nachteile: Während die vorläufige Aufnahme insbesondere beim Familiennachzug und der Reisefreiheit Nachteile mit sich bringt, sind beim Status S bis jetzt noch keine Integrationsmassnahmen vorgesehen. Die Schweizerische Flüchtlingshilfe (SFH) setzt sich dafür ein, dass für alle Geflüchteten die gleichen Rechte gelten.

Der Krieg in der Ukraine treibt immer mehr Menschen in die Flucht; mittlerweile sind es laut UNHCR fast 3,5 Millionen. Die Schweiz hat sich in der aktuellen Krise gemeinsam mit den europäischen Staaten rasch solidarisch gezeigt und zwecks unkomplizierter, rascher Aufnahme ukrainischer Geflüchteter erstmals den Schutzstatus S aktiviert. Dieser wurde 1998 als Reaktion auf die Fluchtbewegungen aus den Balkankriegen gesetzlich verankert, damit eine bestimmte, kriegsbedrohte Gruppe von Schutzbedürftigen schnell und vorübergehend aufgenommen werden kann, ohne damit das Asylsystem zu überlasten. Ukrainische Geflüchtete mit Schutzstatus S haben sofort Zugang zum Arbeitsmarkt, geniessen uneingeschränkte Reisefreiheit und auch ihre Familienmitglieder können in die Schweiz einreisen. Sie haben Anspruch auf Unterkunft, medizinische Versorgung, soziale Unterstützung und ihre Kinder können sofort eingeschult werden. Der Aufenthalt ist auf ein Jahr beschränkt, kann verlängert werden und nach fünf Jahren kann der Anspruch auf die Aufenthaltsbewilligung B geltend gemacht werden.

Benachteiligung von vorläufig Aufgenommenen

Geflüchtete mit F-Status hingegen können frühestens nach fünf Jahren ein Härtefallgesuch für eine B-Bewilligung stellen und müssen hierfür mehrere Jahre unabhängig von der Sozialhilfe sein. Ihre Reisemöglichkeiten sind stark eingeschränkt. Ein Rückreisevisum für einen Verwandtenbesuch wird zum Beispiel nur erteilt, wenn die Verwandten schwer krank sind oder bei einem Todesfall. Für den Familiennachzug gilt eine Wartefrist von drei Jahren. Dieser wird aber nur bei wirtschaftlicher Unabhängigkeit, einer ausreichend grossen Wohnung und genügender Kenntnis einer Landesprache bewilligt. Diese Kriterien sind in der Realität nur sehr schwer zu erfüllen und führen dazu, dass Familien oft jahrelang getrennt sind.

In ihrer Stellungnahme im Rahmen der Konsultation zur Anwendung des Status S für ukrainische Geflüchtete hat die SFH dessen rasche Einführung begrüsst. Einige ihrer Empfehlungen, zum Beispiel den Geflüchteten ohne Wartefrist Zugang zum Arbeitsmarkt und unbeschränkte Reisefreiheit zu gewähren, wurden in der Folge umgesetzt. Die Reisefreiheit sollte jedoch auch für vorläufig Aufgenommene gelten; auch für sie ist es unhaltbar, wenn sie ihre Verwandten im Schengen-Raum nicht besuchen dürfen. Die SFH setzt sich grundsätzlich für die gleichen Rechte für alle Schutzberechtigten ein, beispielsweise Geflüchtete aus Afghanistan, Syrien, Eritrea, Somalia und Sri Lanka. Viele von ihnen sind in der Schweiz vorläufig aufgenommen.

Langfristige Perspektive fehlt

So wie mit der vorläufigen Aufnahme viele Einschränkungen verbunden sind, gibt es auch beim Schutzstatus S Nachteile. Während die vorläufig aufgenommenen Ausländer*innen inzwischen eine explizite Zielgruppe der Integrationsförderung bilden, gilt der Schutzstatus S als «rückkehrorientierter Status». Dies hat zur Folge, dass der Bund den Kantonen gemäss Gesetz keine Integrationspauschale für die entsprechenden Geflüchteten zahlt. Die SFH erachtet dies als problematisch und hat deshalb im Rahmen der Konsultation die Finanzierung von Integrationsmassnahmen gefordert. Denn es ist damit zu rechnen, dass auch ukrainische Schutzsuchende längerfristig in der Schweiz bleiben werden. Ob und inwiefern Integrationsmassnahmen vorgesehen werden, wird zurzeit diskutiert. Zudem ist sowohl für Personen mit Status S als auch für vorläufig Aufgenommene in der Sozialhilfe ein tieferer Ansatz vorgesehen als für Schweizer Staatsbürger*innen und anerkannte Flüchtlinge – dieser liegt je nach Kanton um bis zu 40 Prozent tiefer. Diese Tatsache hat schon seit vielen Jahren negative Auswirkungen auf die Mehrheit der Geflüchteten mit Status F/Ausländer. Wie die wirtschaftliche Entwicklung vieler vorläufig aufgenommener Ausländer*innen zeigt, ist die Gefahr gross, so zum Working-Poor zu werden und zu verarmen.

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