Asylpraxis zu Sri Lanka ist zu überprüfen

05. Februar 2021

Ein UNO-Bericht von Ende Januar 2021 kritisiert die Entwicklung der Menschenrechtslage in Sri Lanka scharf. Die Einschätzung des UNO-Hochkommissariats für Menschenrechte (OHCHR) bestätigt die bisherigen Erkenntnisse der SFH. Seit der neue Präsident Gotabaya Rajapaksa im November 2019 das Amt übernahm, hat sich die Lage im ehemaligen Bürgerkriegsland deutlich verschlechtert.

Die Aufarbeitung der in Sri Lanka während dem bewaffneten und 2009 beendeten Konflikt begangenen Kriegsverbrechen ist laut dem UNO-Bericht in weite Ferne gerückt. Untersuchungen von Menschenrechtsverletzungen, welche durch staatliche Akteure begangen wurden, werden aktiv behindert. Stattdessen befördert der neue Präsident mutmassliche Kriegsverbrecher in hohe Ämter. Eine Verfassungsänderung vom Herbst 2020 hat die Macht des neuen Präsidenten drastisch erweitert und die Unabhängigkeit von Justiz, Polizei und nationalen Menschenrechtsinstitutionen ausgehöhlt.

Der UNO-Bericht dokumentiert für das Jahr 2020 eine verstärkte staatliche Überwachung und ein intensiviertes Vorgehen gegen zivilgesellschaftliche Organisationen, Menschenrechtsverteidigerinnen und -verteidiger und Angehörige von im Konflikt verschwundenen Personen. Für unabhängige Medien wird der Spielraum immer kleiner. Die SFH hat verschiedene besorgniserregende Berichte erhalten, die ein ähnliches Bild der aktuellen Menschenrechtlage zeigen.

Das sri-lankische Anti-Terror-Gesetz wurde im Jahr 2020 für willkürliche Inhaftierungen eingesetzt. Anti-Terror-Inhaftierte sitzen in Sri Lanka laut der nationalen Menschenrechtskommission teilweise für zehn oder 15 Jahre ohne Gerichtsverfahren in Haft. Weiter gab es im Jahr 2020 Berichte von Todesfällen in Haft, Folter, Misshandlungen sowie von aussergerichtlichen Tötungen durch Sicherheitskräfte, die unbestraft bleiben. Der UNO-Bericht weist darauf hin, dass es glaubhafte Berichte von durch Sicherheitskräfte durchgeführten Entführungen, Folterungen und sexueller Gewalt gibt.

Die SFH ist beunruhigt durch diese Entwicklungen und die sich zunehmend verschlechternde Lage im Land. Der UNO-Bericht empfiehlt den Mitgliedsstaaten des UNO-Menschenrechtsrats explizit die Überprüfung der Asylpraxis in Bezug auf Sri Lanka, um zu verhindern, dass Asylsuchende mit einem negativen Entscheid bei einer Rückkehr gefoltert und schwerwiegenden Menschenrechtsverletzungen ausgesetzt werden. Die SFH schliesst sich dieser Forderung an.

Das Staatssekretariat für Migration (SEM) hat Anfang 2020, kurz nach Amtsantritt der neuen Regierung, eine Lageanalyse publiziert. Aus Sicht der SFH muss das SEM die seither erfolgten negativen Entwicklungen sorgfältig analysieren und die Schweizerische Asylpraxis entsprechend anpassen. Bis dies geschehen ist, muss auf Rückführungen verzichtet werden. Schliesslich sollte die Migrationspartnerschaft zwischen der Schweiz und Sri Lanka, die unter anderem auf guter Regierungsführung beruhen sollte, sistiert werden, bis klar ist, ob die Voraussetzungen für eine solche überhaupt gegeben sind.

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