Tiefe politische Krise in Sri Lanka

01. November 2018

Die RĂŒckkehr des autoritĂ€ren Ex-PrĂ€sidenten und mutmasslichen Kriegsverbrechers Rajapaksa an die Macht stĂŒrzt Sri Lanka in eine tiefe politische Krise. Die SFH beobachtet die Entwicklungen mit Besorgnis.

Sri Lanka ist in eine tiefe politische Krise gerutscht, seit PrĂ€sident Maithripala Sirisena den amtierenden Regierungschef Ranil Wickremesinghe Ende letzter Woche abgesetzt hat, ohne dass ihn die Verfassung dazu ermĂ€chtigt. Zum neuen MinisterprĂ€sidenten ernannte Sirisena stattdessen den autoritĂ€ren Ex-Staatschef Mahinda Rajapaksa. Der mutmasslichen Kriegsverbrecher ist damit zurĂŒck an der Macht. Er regierte das Land bereits von 2005 bis 2015 mit eiserner Hand und beendete 2009 mit brutaler HĂ€rte den BĂŒrgerkrieg gegen die Tamil Tigers (LTTE). Rajapaksa werden Kriegsverbrechen, Korruption und die Ermordung politischer Gegner vorgeworfen.

Am vergangenen Wochenende folgte auf den Umsturz an der Regierungsspitze umgehend die temporĂ€re Auflösung des Parlaments – sĂ€mtliche Sitzungen der 225 Parlamentarier sind bis zum 16. November ausgesetzt. Reporter berichteten zudem, dass UnterstĂŒtzer Rajapaksas in der Nacht zu Samstag die Redaktionen von zwei staatlichen Fernsehsendern gestĂŒrmt und Journalisten eingeschĂŒchtert hĂ€tten. Diese schlugen sich in der Folge auf die Seite des neu ernannten Regierungschefs, nachdem ihre Sender bisher als loyal gegenĂŒber Wickremesinghe galten. DarĂŒber hinaus gab es Berichte ĂŒber vereinzelte Angriffe auf AnhĂ€nger der Partei von Wickremesinghe in verschiedenen Teilen des Landes.

Wird Rajapaksa Mitte November erwartungsgemĂ€ss als MinisterprĂ€sident bestĂ€tigt, erleiden die bislang ohnehin nur sehr schleppend verlaufende Aufarbeitung der Vergangenheit und der Versöhnungsprozess nach dem BĂŒrgerkrieg einen weiteren herben RĂŒckschlag. Auch die Menschenrechtslage dĂŒrfte sich weiter verschĂ€rfen: Bereits heute sind Folter und Misshandlungen von HĂ€ftlingen nach wie vor weit verbreitet, MilitĂ€r und SicherheitskrĂ€fte ĂŒberwachen, schikanieren und verhaften weiter Personen mit mutmasslicher Verbindung zu den ehemaligen Tamil Tigers, Berichte von EntfĂŒhrungen und Folter reissen nicht ab.

Die Entwicklungen in Sri Lanka sind aus Sicht der SFH Ă€usserst besorgniserregend. Sollte sich Rajapaksa in seiner neuen Position halten und sich die Menschenrechtslage weiter verschĂ€rfen, muss die Asylpraxis des SEM zu Sri Lanka diesen Entwicklungen Rechnung tragen, damit sich FĂ€lle von Folter nach der RĂŒckfĂŒhrung wie jene aus dem Jahr 2013 nicht wiederholen. Die im August 2018 abgeschlossene Migrationspartnerschaft zwischen der Schweiz und Sri Lanka erscheint unter dem Eindruck der jĂŒngsten Ereignisse ebenfalls in kritischem Licht.

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