Zwei geflüchtete Frauen schreiben einen Text in einem Schulzimmer.

Sparmassnahme des Bundes gefährdet nachhaltige Integrationspolitik

05. Mai 2025

Im Rahmen des Entlastungspakets 27 will der Bund die Kantone bei der Sozialhilfe, Betreuung und Unterbringung von Geflüchteten weniger lange finanziell entschädigen. Die Schweizerische Flüchtlingshilfe (SFH) lehnt dies ab. Die kürzere Dauer der Bundessubventionen ist aus ihrer Sicht kontraproduktiv und die Zielvorgaben zur Arbeitsintegration sind unrealistisch. Sie bedeuten eine Abkehr von der bisherigen Integrationspolitik, obschon diese nachweislich erste Wirkungen zeigt.

Der Bundesrat schlägt zur Entlastung des Bundeshaushaltes ein weitreichendes Sparpaket vor. Die finanziell umfangreichste Einsparung in Höhe von knapp einer Milliarde Franken soll den Asylbereich betreffen. Dabei ist vorgesehen, die maximale Abgeltungsdauer der sog. Globalpauschale an die Kantone auf vier Jahre zu verkürzen. Mit der Globalpauschale übernimmt der Bund unter anderem Sozialhilfe-, Unterbringungs- und Betreuungskosten der Kantone im Asylbereich – aktuell bis zu sieben Jahre bei vorläufig Aufgenommenen sowie bis zu fünf Jahre bei Flüchtlingen mit Asyl und Personen mit Status S. Die SFH lehnt diesen Vorschlag in ihrer Vernehmlassungsantwort klar ab.

Kostenverschiebung statt effektiver Einsparungen

Die vorgesehene Verkürzung der Abgeltungsdauer der Globalpauschale ist gesamtwirtschaftlich gesehen keine Sparmassnahme, sondern lediglich eine Kostenverschiebung vom Bund zu Kantonen und Gemeinden. Diese müssen weiterhin für die Sozialhilfekosten der Betroffenen aufkommen. Die entstehenden Mehrkosten in den Kantonen und Gemeinden lassen befürchten, dass der Druck auf einen Leistungsabbau in der Asylsozialhilfe steigen wird. Deren Ansätze liegen indes bereits heute deutlich unter dem Existenzminimum – je nach Kanton oder Gemeinde nur bei 10 bis 27 Franken pro Tag.

Integration lässt sich nicht erzwingen

Der Bundesrat will mit der verkürzten Abgeltungsdauer die Erwerbsintegration forcieren: Neu soll die Zielvorgabe gelten, dass Personen im erwerbsfähigen Alter schon drei Jahre nach Einreichung ihres Asylgesuchs erwerbstätig sein sollen. Aus Sicht der SFH ist diese Zielsetzung kurzsichtig und unrealistisch. Für eine nachhaltige Erwerbsintegration braucht es genügend Sprachkenntnisse und Qualifikationen, um eine dauerhafte Ablösung von der Sozialhilfe zu ermöglichen. Das braucht Zeit. Ohne genügende Qualifikationen ist die Gefahr eines erneuten Sozialhilfebezugs deutlich erhöht. Geflüchteten, die im Tieflohnsektor arbeiten, reicht das Geld oft nicht zum Leben – es ist deshalb bei einer Fokussierung auf eine möglichst rasche Erwerbsintegration mit einer Zunahme von «working poor» in der Sozialhilfe zu rechnen.

Bruch mit bisheriger Integrationspolitik

Die einseitige Fokussierung auf eine rasche Erwerbsintegration ist eine komplette Abkehr von der bisherigen Integrationspolitik. Seit 2019 ist die Integrationsagenda Schweiz (IAS) in Kraft. Diese haben Bund, Kantone und Gemeinden in einem mehrjährigen Prozess gemeinsam ausgearbeitet. Sie hat die nachhaltige Integration zum Ziel und setzt dabei auf Bildung und Spracherwerb. Der Bund stellt diese Integrationspolitik mit der Sparmassnahme nach nur wenigen Jahren wieder auf den Kopf. Dies ist besonders fragwürdig zu einem Zeitpunkt, in dem die Strukturen gut aufgebaut sind und die IAS nachweislich erste Wirkung zeigt: Das Monitoring Integrationsförderung des Staatssekretariats für Migration (SEM) weist einen positiven Trend zu rascherer und nachhaltiger Arbeitsintegration aus.