SFH lehnt Regelungen zu Handydaten-Analysen ab

19. Juni 2023

Behörden können kĂŒnftig auf Smartphones, Tablets und andere DatentrĂ€ger von Asylsuchenden zurĂŒckgreifen, um ihre IdentitĂ€t und den Reiseweg zu klĂ€ren. Die Schweizerische FlĂŒchtlingshilfe (SFH) hat sich wiederholt entschieden gegen diesen unverhĂ€ltnismĂ€ssigen Eingriff in die PrivatsphĂ€re der Schutzsuchenden ausgesprochen. Sie lehnt nun auch die zur Umsetzung vorgeschlagenen Regelungen ab. Denn es bleibt nach wie vor unklar, wie die Auswertung in der Praxis funktionieren soll, ohne Datenschutz und Grundrechte der Asylsuchenden zu verletzen.

Im Herbst 2021 hat das Parlament die GesetzesĂ€nderung zur Auswertung elektronischer DatentrĂ€ger von Asylsuchenden verabschiedet. Behörden können somit kĂŒnftig auf Smartphones, Tablets, Laptops oder andere elektronische GerĂ€te von Asylsuchenden zugreifen, um die IdentitĂ€t und Staatsangehörigkeit sowie den Reiseweg der Betroffenen zu klĂ€ren. Zur Umsetzung hat der Bundesrat neue Regelungen auf Verordnungsstufe in die Vernehmlassung gegeben. Die SFH lehnt die dabei vorgeschlagenen Änderungen in ihrer Stellungnahme ab. Sie bekrĂ€ftigt damit ihre grundsĂ€tzliche Kritik, dass diese Massnahme einen unverhĂ€ltnismĂ€ssigen Eingriff in die Grundrechte der Betroffenen darstellt.

VerhÀltnismÀssigkeit im Einzelfall garantieren

Die Auswertung persönlicher DatentrĂ€ger ist ein schwerwiegender Eingriff in das Recht der Schutzsuchenden auf PrivatsphĂ€re. Der Verordnungsentwurf wird diesem Umstand nicht gerecht. Die SFH weist darauf hin, dass bei der Umsetzung die VerhĂ€ltnismĂ€ssigkeit in jedem Einzelfall zwingend gewĂ€hrleistet sein muss. Das heisst: Ist eine fĂŒr die asylsuchende Person weniger einschneidende Massnahme möglich, so darf keine Auswertung von DatentrĂ€gern erfolgen.

Weniger einschneidend kann beispielsweise die PrĂŒfung öffentlich zugĂ€nglicher Social-Media-Profile sein oder die Auswertung anderer Dokumente, wenn keine IdentitĂ€tspapiere vorhanden sind. Dies sollte im Verordnungstext klar zum Ausdruck kommen. Denn in den geplanten Anpassungen fehlen transparente Kriterien, anhand derer entschieden wird, wann eine Auswertung als «notwendig» gilt.

Datenschutz nicht gewÀhrleistet

Die Umsetzungsbestimmungen auf Verordnungsstufe reichen nicht aus, um die grundrechtlichen Bedenken der SFH auszurĂ€umen. Insgesamt ist fĂŒr die SFH nicht ersichtlich, wie die Vortriage und Auswertung der Daten in der Praxis unter hinreichender Wahrung der Grundrechte und des Datenschutzes durchgefĂŒhrtwerden können.

Insbesondere die Bestimmungen dazu, welche Daten ausgewertet werden dĂŒrfen und welche nicht, bleiben zu vage. Zudem ist unklar, wie bei der direkten Auswertung durch Mitarbeitende des Staatssekretariats fĂŒr Migration (SEM) sichergestellt werden soll, dass nur relevante Daten angeschaut werden. ErwartungsgemĂ€ss ist nĂ€mlich ein Grossteil der mitunter hochsensiblen Daten auf einem GerĂ€t nicht relevant fĂŒr die AbklĂ€rung von IdentitĂ€t und Reiseweg. Hinzu kommt, dass der praktische Nutzen der gewonnenen Daten und Erkenntnisse Ă€usserst beschrĂ€nkt ist: Die Erfahrungen aus Deutschland etwa haben gezeigt, dass weniger als die HĂ€lfte der DatengerĂ€tauslesungen brauchbar waren und nur in ein bis zwei Prozent der FĂ€lle zu einem nennenswerten Resultat fĂŒhrten.

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