Verbesserungen für Opfer von Menschenhandel nötig

04. April 2019

Nach wie vor mangelt es im Asylverfahren an einem strukturierten Vorgehen zur Identifikation von Opfern von Menschenhandel. Ein ebenso grosses Problem stellen die ungenügenden Opferschutzmassnahmen im Asylbereich dar.

Die Anzahl der Verdachtsfälle auf Menschenhandel hat sich im Asylbereich in den letzten drei Jahren mehr als verdoppelt. Mit ein Grund dafür dürfte sein, dass Asylsuchende im neuen Verfahren von Beginn weg eine unentgeltliche Rechtsvertretung erhalten. Diese kann dazu beitragen, mögliche Fälle von Menschenhandel zu erkennen. Die Identifikation von Opfern von Menschenhandel im Asylverfahren ist jedoch nicht die einzige Schwierigkeit. Für diese besonders vulnerable Gruppe müssen auch spezifische Opferschutzmassnahmen ergriffen werden, was im Asylverfahren bisher kaum der Fall war. Ohne Einbezug von Fachpersonen gelingt es zudem nur schwerlich, den für das Asylverfahren relevanten Sachverhalt zu erstellen. Diese Zusammenarbeit ist aber auch im neuen Verfahren nicht institutionalisiert. Diese Missstände sind umso gravierender, als Menschenhandel durchaus asylrelevante Verfolgung darstellen kann.

Fehlender Opferschutz

Zu den zu ergreifenden Schutzmassnahmen gehört unter anderem auch eine sichere Unterbringung oder psychologische Betreuung. Die Nationale Kommission zur Verhütung von Folter (NKVF) hat in den beiden vergangenen Jahren diverse Asylzentren besucht und festgestellt, dass den speziellen Bedürfnissen von verletzlichen Asylsuchenden zu wenig Rechnung getragen wird. Auch die NKVF kommt zum Schluss, dass es in den Asylzentren an einem strukturierten Vorgehen zur Identifikation von Opfern von Menschenhandel mangelt.

Ein grosses Problem ergibt sich aus der sogenannten „Opferhilfelücke“. Dank dem Opferhilfegesetz können Betroffene im Normalfall beispielsweise in Schutzunterkünften untergebracht werden und erhalten medizinische und psychologische Betreuung. Wurden sie jedoch im Ausland ausgebeutet, was gerade im Asylbereich oftmals der Fall ist, ist ihnen der Zugang zu den Leistungen der Opferhilfe verwehrt oder zumindest eingeschränkt. Die Schweizerische Flüchtlingshilfe (SFH) moniert diese Ungleichbehandlung seit Jahren. Sie fordert, dass Menschen, bei denen ein Verdacht auf Menschenhandel besteht, ihre Rechte auch im Asylverfahren wahrnehmen können.

Zusammenarbeit wichtig

Beat von Wattenwyl, Leiter Protection der Schweizerischen Flüchtlingshilfe kritisiert, dass die Rechtsvertreter im Bundesasylzentrum Boudry bereits in der Testphase in ihren Aufgaben behindert worden seien. Wie er in der WOZ vom 28. März 2019 verdeutlicht, habe das Staatssekretariat für Migration (SEM) den Rechtsvertreterinnen etwa untersagt, einen regelmässigen Austausch mit Ärztinnen und Psychiatern zu unterhalten, um sich über den Gesundheitszustand ihrer Klientinnen und Klienten zu informieren. «Das ist nicht vertretbar», sagt er. «Besonders im beschleunigten Verfahren muss ein rascher und vollständiger Austausch von Informationen stattfinden.» Ansonsten könnten die Rechtsvertreterinnen ihrer Sorgfaltspflicht nicht nachkommen. Die Gefahr, dass Opfer von Menschenhandel nicht rechtzeitig als solche erkannt oder entsprechend geschützt werden, ist unter solchen Bedingungen besonders gross. Um sicherzustellen, dass Asylgesuche von Menschenhandel betroffener Personen angemessen behandelt werden, sind in allen sechs Bundeszentren klar geregelte Abläufe und Zuständigkeiten unabdingbar.

Die Fachzeitschrift wird unter der Leitung der Schweizerischen Flüchtlingshilfe SFH herausgegeben. ASYL kommentiert das aktuelle Geschehen der nationalen und europäischen Gesetzgebung, ihre Auslegung in der Rechtspraxis sowie den Bezug zur Schweiz.

Das Heft 3/2018 ist dem Thema Menschenhandelt gewidmet mit exklusiven Abhandlungen und Informationen zehn Jahre nach der Inkraftsetzung der Europaratskonvention gegen Menschenhandel (EKM). Die Einzelnummer kann zum Preis von 19.00 CHF bei periodika@staempfli.com; Tel. 031 300 63 25 bestellt werden.