Menschenrechtskonforme Unterbringung im Flughafenverfahren

Zwei aktuelle Vernehmlassungen betreffen die Menschenrechte von Asylsuchenden: die Umsetzung des «Aktionsplans Integrierte Grenzverwaltung» sowie die Übernahme der neuen EU-Verordnungen zur Europäischen Grenz- und Küstenwache (Frontex). Die Schweizerische Flüchtlingshilfe (SFH) hat zu beiden Vorlagen Stellung genommen. Sie fordert eine menschenrechtskonforme Unterbringung und einen ausreichenden Grundrechtsschutz bei allen Massnahmen im Zusammenhang mit dem Grenzregime.

Stellen Schutzsuchende bei der Einreise in die Schweiz ihr Asylgesuch am Flughafen Genf oder Zürich, müssen sie während des Asylverfahrens im Transitbereich des Flughafens bleiben. Die Unterbringung Asylsuchender im sogenannten Flughafenverfahren ist bis anhin nur im Asylgesetz geregelt, und es besteht Verbesserungsbedarf. So haben beispielsweise Personen, die am Flughafen Asyl beantragen, eine äusserst begrenzte Möglichkeit die Räumlichkeiten zu verlassen. Neu sollen Flughafenbetreiber auch im Ausländer- und Integrationsgesetz dazu verpflichtet werden, eine Unterkunft für Asylsuchende bereitzustellen. In ihrer Vernehmlassungsantwort begrüsst die SFH das klare Festhalten einer gesetzlichen Verpflichtung für Flughafenbetreiber, eine Unterkunft für Asylsuchende bereitzustellen. Bei der Ausgestaltung der Unterbringung muss insbesondere das Grundrecht auf Achtung des Privat- und Familienlebens gewährleistet sein, sowie der Zugang zu Beratung, Rechtsvertretung und der notwendigen Gesundheitsversorgung.

Zudem soll die bereits heute angewendete kurzfristige Festhaltung von Personen in Rancate, TI, zwecks Übergabe an die Behörden Italiens auf eine neue gesetzliche Grundlage gestellt werden. Dabei muss aus Sicht der SFH sichergestellt werden, dass die Betroffenen nicht länger als für die Übergabe an die Behörden des Nachbarstaats notwendig festgehalten werden. Konkret bedeutet das nicht länger als eine Nacht. Sollte die Festhaltung länger dauern, müssen die Betroffenen Zugang zu einer gerichtlichen Überprüfung haben. Die Betroffenen müssen jederzeit Zugang zum Asylverfahren haben. Minderjährige sollten von der kurzfristigen Festhaltung ausgenommen werden. In den Räumlichkeiten der kurzfristigen Festhaltung müssen angemessene, menschenrechtskonforme Bedingungen gegeben sein. Die SFH setzt sich für eine adäquate, menschenrechtskonforme Unterbringung von Asylsuchenden ein und fordert diesbezüglich die Einhaltung von Mindeststandards. Dies gilt auch für die Unterbringung an der Grenze.

Uneigennützige Hilfe für Geflüchtete ist kein Verbrechen

Im Rahmen der Vorlage zur integrierten Grenzverwaltung schlägt das Eidgenössische Justiz- und Polizeidepartement (EJPD) in seinem Gesetzesentwurf zudem vor, den Titel von Art. 116 AIG zu ändern und darin den Begriff «Menschenschmuggel» sowie «andere Formen der Förderung der rechtswidrigen Ein- und Ausreise und des rechtswidrigen Aufenthalts sowie Förderung der Erwerbstätigkeit ohne Bewilligung» aufzunehmen. Die SFH lehnt diesen Vorschlag ab. Sie fordert stattdessen Art. 116 AIG so anzupassen, dass Personen, die Hilfe leisten, sich nicht strafbar machen, wenn sie dies aus achtenswerten Gründen tun. Wer einem Menschen in Notlage aus Solidarität und uneigennützig hilft, sollte von jeglicher Sanktion ausgenommen werden.

Erweiterung von Frontex darf nicht auf Kosten der Grundrechte gehen

Die Schweiz ist als Schengen/Dublin-Mitglied eng in die Migrationspolitik der EU eingebunden – und damit auch finanziell und operativ direkt an der europäischen Grenzschutzagentur Frontex beteiligt. Mit der bevorstehenden Weiterentwicklung von Schengen soll auch Frontex weiter ausgebaut werden.

Die SFH befürwortet in ihrer Vernehmlassungsantwort grundsätzlich die Übernahme und Umsetzung der EU-Verordnung zur Weiterentwicklung von Schengen. Denn die Schengen-Assoziierung der Schweiz sollte nicht aufs Spiel gesetzt werden. Sie steht jedoch der damit verbundenen massiven Erweiterung der Mittel und Kompetenzen von Frontex kritisch gegenüber. Diese Aufrüstung birgt das Risiko weiterer Grundrechtsverletzungen. Eine solche Stärkung von Frontex bedingt daher zwingend einen ausreichenden Grundrechtsschutz. Ein solcher kann nur wirksam sein, wenn er durch unabhängige Instanzen sichergestellt wird. Aus Sicht der SFH braucht es daher eine unabhängige Kontrolle der Grundrechtskonformität der Massnahmen in Zusammenhang mit Frontex und einen unabhängigen Beschwerdemechanismus im Fall von Grundrechtsverletzungen.