Die Polizei stÀrkt ihre transkulturellen Kompetenzen

03. Juli 2019

Lionel Imhof ist Chefadjutant im Korps der Stadtpolizei Lausanne und in dieser Funktion spezialisiert fĂŒr TranskulturalitĂ€t. Sein Ziel ist es, die Verbindungen und Zusammenarbeit zwischen der Migrationsbevölkerung und der Polizei zu verstĂ€rken und zu verbessern. Seit 2013 arbeitet er mit der Schweizerischen FlĂŒchtlingshilfe SFH zusammen, um speziell auf Polizistinnen und Polizisten zugeschnittene Weiterbildungen im Bereich transkultureller Kompetenz organisieren zu lassen.

Von Karin Mathys, Redaktorin SFH

Die Partnerschaft mit dem SFH-Bildungsteam in Lausanne besteht bereits seit 2013. Wie ist sie entstanden und wie hat sie sich entwickelt?

Ich hatte die Möglichkeit vor ein paar Jahren einen zweitĂ€gigen SFH-Kurs zu besuchen. Dieser hat mir viel gebracht und ich habe besonders die praktische Seite daran geschĂ€tzt. Die Weiterbildung eignet sich perfekt fĂŒr unsere Zielgruppe «Polizistinnen und Polizisten» aus allen TĂ€tigkeitsbereichen. Der Name Schweizerische FlĂŒchtlingshilfe SFH hat sich rasch mit dem Wunsch verbunden, Weiterbildungen zu transkultureller Kommunikation und zur PrĂ€vention von kulturellen Spannungen in der Arbeit fĂŒr die Westschweizer Polizeikorps anzubieten. Seit 2013 empfehlen wir diese Kurse unseren Mitarbeitenden in der gesamten Romandie auf kantonaler und Gemeindeebene.

Die Ausbildung an der Polizeiakademie fĂŒr das eidgenössische Brevet tangiert auch die Menschenrechte. Was bringen die Ausbildungen der SFH in ErgĂ€nzung dazu?

Die SFH-Weiterbildungen vermitteln uns die nötigen Werkzeuge, um ĂŒber transkulturelle Situationen zu reflektieren, die wir bei der tĂ€glichen Arbeit als Polizistinnen und Polizisten erleben. Sie sind auf unsere berufliche Praxis zugeschnitten, was ich enorm schĂ€tze. Die zwei SFH-Ausbildner bemĂŒhen sich permanent, die RealitĂ€t in unserem Berufsalltag zu verstehen. Sie haben ĂŒbrigens zwei Tage ein Praktikum bei der Rettungspolizei (Police-secours) gemacht, um unsere AktivitĂ€ten besser nachvollziehen zu können. Sie sind am Puls der Polizistinnen und Polizisten, immer bereit, ihnen zuzuhören, ohne die Aussagen zu bewerten. Sie fördern das GesprĂ€ch, bereichern die Debatten und versetzen sich sofort in die Lage der Polizistinnen und Polizisten. Die SFH ist fĂŒr uns eine unverzichtbare Partnerin, wenn es um praxisnahe Weiterbildungen im Bereich transkultureller Kompetenzen geht.

Sie sind der einzige Spezialist fĂŒr TranskulturalitĂ€t im Polizeikorps. Diese Funktion wurde 2016 eingefĂŒhrt. Allerdings beschĂ€ftigen die Fragen rund um Migration schon sehr lange. Was hat dazu gefĂŒhrt, dass diese neue Funktion etabliert wurde?

Ich bin effektiv der Einzige, der sich mit TranskulturalitĂ€t im Polizeikorps beschĂ€ftigt, aber bei weitem nicht der einzige Akteur hinsichtlich der Beziehungen mit der Migrationsbevölkerung. Meine Funktion wurde dem Stab vor zehn Jahren vorgeschlagen mit dem Ziel, die Arbeit spezifisch auf Migranten, Individuen und Gruppen sowie Vereine auszurichten. Die Stadtpolizei Lausanne wĂŒnschte sich Antworten auf Fragen von Polizistinnen und Polizisten, die tĂ€glich mit unterschiedlichen Gruppierungen konfrontiert waren. Gleichzeitig machte ich ein Hochschulstudium ĂŒber Migration und pluralistische Gesellschaften in Lausanne. Zudem musste die neue Funktion genehmigt und aufgebaut werden, das brauchte Zeit auf Verwaltungsebene. 2015 bestĂ€tigte die Medienberichterstattung, dass wir uns auf dem richtigen Weg befanden, und so wurde die Stelle geschaffen.

Sie haben sechs Jahre in Montreal gelebt und dort das PrĂ€ventions-Modell der kanadischen Polizei kennen gelernt. Dieses hat Ihnen Mut gemacht, Spannungen zwischen der Polizei und der Migrationsbevölkerung prĂ€ventiv anzugehen. Was möchten Sie in der nahen Zukunft diesbezĂŒglich unternehmen?

Ich wĂŒrde gerne ein «Vigie-Komitee» aufbauen, das dem Vorbild gleicht, welches ich in Polizeidienst der Stadt Montreal (SVPM) kennen gelernt habe. Es geht dabei um die Wachsamkeit in Bezug auf mit der Migration verbundene Herausforderungen. Konkret ist es meine Vision, eine interdisziplinĂ€re Gruppe bestehend aus Polizistinnen und Polizisten, Partnern wie die SFH, Fachpersonen aus der Wissenschaft, Anthropologie, UniversitĂ€ten usw. zu bilden, welche alle einen Fokus auf Migrationsfragen haben. Das Ziel dieser Expert/innengruppe wĂ€re, eine umfassende Sichtweise auf die Herausforderungen und Probleme aller Mitglieder des «Vigie-Komitees» einzunehmen, um so PrĂ€ventionsmassnahmen ergreifen zu können.