Von Karin Mathys, Redaktorin SFH
Die Partnerschaft mit dem SFH-Bildungsteam in Lausanne besteht bereits seit 2013. Wie ist sie entstanden und wie hat sie sich entwickelt?
Ich hatte die Möglichkeit vor ein paar Jahren einen zweitägigen SFH-Kurs zu besuchen. Dieser hat mir viel gebracht und ich habe besonders die praktische Seite daran geschätzt. Die Weiterbildung eignet sich perfekt für unsere Zielgruppe «Polizistinnen und Polizisten» aus allen Tätigkeitsbereichen. Der Name Schweizerische Flüchtlingshilfe SFH hat sich rasch mit dem Wunsch verbunden, Weiterbildungen zu transkultureller Kommunikation und zur Prävention von kulturellen Spannungen in der Arbeit für die Westschweizer Polizeikorps anzubieten. Seit 2013 empfehlen wir diese Kurse unseren Mitarbeitenden in der gesamten Romandie auf kantonaler und Gemeindeebene.
Die Ausbildung an der Polizeiakademie für das eidgenössische Brevet tangiert auch die Menschenrechte. Was bringen die Ausbildungen der SFH in Ergänzung dazu?
Die SFH-Weiterbildungen vermitteln uns die nötigen Werkzeuge, um über transkulturelle Situationen zu reflektieren, die wir bei der täglichen Arbeit als Polizistinnen und Polizisten erleben. Sie sind auf unsere berufliche Praxis zugeschnitten, was ich enorm schätze. Die zwei SFH-Ausbildner bemühen sich permanent, die Realität in unserem Berufsalltag zu verstehen. Sie haben übrigens zwei Tage ein Praktikum bei der Rettungspolizei (Police-secours) gemacht, um unsere Aktivitäten besser nachvollziehen zu können. Sie sind am Puls der Polizistinnen und Polizisten, immer bereit, ihnen zuzuhören, ohne die Aussagen zu bewerten. Sie fördern das Gespräch, bereichern die Debatten und versetzen sich sofort in die Lage der Polizistinnen und Polizisten. Die SFH ist für uns eine unverzichtbare Partnerin, wenn es um praxisnahe Weiterbildungen im Bereich transkultureller Kompetenzen geht.
Sie sind der einzige Spezialist für Transkulturalität im Polizeikorps. Diese Funktion wurde 2016 eingeführt. Allerdings beschäftigen die Fragen rund um Migration schon sehr lange. Was hat dazu geführt, dass diese neue Funktion etabliert wurde?
Ich bin effektiv der Einzige, der sich mit Transkulturalität im Polizeikorps beschäftigt, aber bei weitem nicht der einzige Akteur hinsichtlich der Beziehungen mit der Migrationsbevölkerung. Meine Funktion wurde dem Stab vor zehn Jahren vorgeschlagen mit dem Ziel, die Arbeit spezifisch auf Migranten, Individuen und Gruppen sowie Vereine auszurichten. Die Stadtpolizei Lausanne wünschte sich Antworten auf Fragen von Polizistinnen und Polizisten, die täglich mit unterschiedlichen Gruppierungen konfrontiert waren. Gleichzeitig machte ich ein Hochschulstudium über Migration und pluralistische Gesellschaften in Lausanne. Zudem musste die neue Funktion genehmigt und aufgebaut werden, das brauchte Zeit auf Verwaltungsebene. 2015 bestätigte die Medienberichterstattung, dass wir uns auf dem richtigen Weg befanden, und so wurde die Stelle geschaffen.
Sie haben sechs Jahre in Montreal gelebt und dort das Präventions-Modell der kanadischen Polizei kennen gelernt. Dieses hat Ihnen Mut gemacht, Spannungen zwischen der Polizei und der Migrationsbevölkerung präventiv anzugehen. Was möchten Sie in der nahen Zukunft diesbezüglich unternehmen?
Ich würde gerne ein «Vigie-Komitee» aufbauen, das dem Vorbild gleicht, welches ich in Polizeidienst der Stadt Montreal (SVPM) kennen gelernt habe. Es geht dabei um die Wachsamkeit in Bezug auf mit der Migration verbundene Herausforderungen. Konkret ist es meine Vision, eine interdisziplinäre Gruppe bestehend aus Polizistinnen und Polizisten, Partnern wie die SFH, Fachpersonen aus der Wissenschaft, Anthropologie, Universitäten usw. zu bilden, welche alle einen Fokus auf Migrationsfragen haben. Das Ziel dieser Expert/innengruppe wäre, eine umfassende Sichtweise auf die Herausforderungen und Probleme aller Mitglieder des «Vigie-Komitees» einzunehmen, um so Präventionsmassnahmen ergreifen zu können.