Asylzentren sind keine Gefängnisse

22. November 2019

Das neue Bundesasylzentrum in Zürich steht medial in der Kritik: Bewohnerinnen und Bewohner berichten unter anderem von systematischen Körperkontrollen und willkürlichen Zimmerdurchsuchungen. Die SFH fordert, die Unterkunft für Schutzsuchende menschenwürdig zu gestalten.

Das neue Bundesasylzentrum in Zürich steht in der Kritik. Laut Recherchen des «Tages-Anzeigers» und Onlinemagazines «Das Lamm», werden die Asylsuchenden bei jedem Eingang systematisch Körperkontrollen unterzogen. Selbst Kinder würden teilweise durchsucht. Zudem berichten die Bewohnerinnen und Bewohner von unverhältnismässigen Zimmerdurchsuchungen sowie übermässig strenger Anwendung der Öffnungszeiten und Essenszeiten.

Asylsuchende werden kriminalisiert

Das Staatssekretariat für Migration (SEM) sieht keinen Anlass, das Sicherheitsdispositiv zu ändern. Systematische Körperkontrollen sollen laut SEM verhindern, dass keine Messer oder anderen gefährlichen Gegenstände ins Zentrum gelangen. Kaufquittungen werden verlangt, um zu prüfen, ob mitgebrachte Gegenstände nicht Diebesgut seien. Dieser Diskurs stellt Asylsuchende pauschal unter Generalverdacht und kriminalisiert sie zu Unrecht. Denn Asylzentren sind keine Gefängnisse.

Aus Sicht der SFH sind systematische körperliche Durchsuchungen unverhältnismässig. Die Nationale Kommission zur Verhütung von Folter (NKVF) empfahl bereits in ihrem letzten Bericht über Asylunterkünfte, auf Körperkontrollen zu verzichten solange kein konkreter Verdacht vorliege. Kinder sollten grundsätzlich nicht durchsucht werden, so die Kommission.

Recht auf menschenwürdige Unterkunft

Mit dem Auftrag an private Sicherheitsfirmen und einem restriktiven Sicherheitsdispositiv setzt das SEM einseitig auf die Sicherheit des Zentrums und der Umgebung. Das Sicherheitsgefühl der Asylsuchenden im Zentrum kommt dabei zu kurz, insbesondere für verletzliche Personen. Denn beispielsweise traumatisierte Menschen oder Opfer von sexualisierter Gewalt sind auf Betreuende und Sicherheitspersonal mit spezifischer Sensibilität angewiesen. Schulungen und Weiterbildungen im Bereich der transkulturellen Kompetenz und Sensibilität müssen daher auch für das Sicherheitspersonal obligatorisch sein. Zudem muss auf einen genügend hohen Anteil von weiblichem Sicherheitspersonal geachtet werden, damit Bedürfnisse asylsuchender Frauen rund um die Uhr berücksichtigt werden können.

Bei der Unterbringung von Asylsuchenden wird aus Sicht der SFH der Fokus zu stark auf Sicherheit gelegt. Stattdessen sollte eine angemessene Ausgestaltung des Alltags mit sinnvoller Beschäftigung und Berücksichtigung unterschiedlicher Bedürfnisse Priorität haben. Zudem müssen die privaten Sicherheitsdienstleistenden auf Mindeststandards zur Wahrung der Grundrechte von Asylsuchenden verpflichtet werden. Die Empfehlungen der NKVF müssen umgehend umgesetzt werden.