Keine Ausschaffungen um jeden Preis!

SFH begrüsst Bundesgerichtsentscheid zur Dublin-Haft

16. Mai 2017

Die Schweizerische Flüchtlingshilfe SFH begrüsst, dass das Bundesgericht die Beschwerde einer afghanischen Flüchtlingsfamilie wegen Verletzung des Rechts auf Privat- und Familienleben gutheisst. Damit ist eine seit Jahren von der SFH und ihren Mitgliedsorganisationen geforderte Anpassung an menschenrechtliche Standards bei der Haft für Familien endlich umgesetzt.

Bundesgericht schiebt der Inhaftierung von Familien einen Riegel vor

Die Behörden des Kantons Zug haben die Eltern einer fünfköpfigen Familie während drei Wochen inhaftiert und die Kinder fremdplatziert, um eine Ausschaffung zu erzwingen. Diese hatten einen Umzug vom Asylzentrum in eine Wohnung vorgetäuscht, brachten dann die Familie aber mit gepackten Koffern umgehend zum Flughafen, um sie nach Norwegen zu überstellen. Weil dort eine Rückschaffung nach Afghanistan drohte, weigerte sie sich, das Flugzeug betreten und wurde daraufhin getrennt. Der Fall aus Zug ist kein Einzelfall. In vielen Fällen ist die Inhaftierung und die Anordnung von Zwangsmassnahmen unverhältnismässig.

Gegen eine sture Anwendung von Dublin
Neben dem Vollzug der Dublin-Regelung ist auch die Praxis bei der Zuständigkeitsbestimmung hochproblematisch. In der Annahme, dass sich Ungarn an die europäische Menschenrechtskonvention (EMRK) hält, überstellt das Staatssekretariat für Migration SEM  nach wie vor Personen nach Ungarn. Dass dem nicht so ist, beweist Ungarn Tag für Tag. Damit trägt das SEM die Streitigkeiten über die Einhaltung der Verpflichtungen zwischen einzelnen Staaten auf dem Rücken der Schutzsuchenden aus.

Ähnlich ist die Situation bei Familien: Diese werden häufig durch eine buchstabengetreue Anwendung zerrissen, obwohl die Dublin-Verordnung für diese Fälle explizit eine humanitäre Klausel enthält.

Appell für mehr Menschlichkeit beim Dublin-Vollzug
Die SFH fordert daher vom Bundesrat, dass die Schweiz in Härtefällen und / oder aus humanitären Gründen vermehrt selbst auf Asylgesuche eintritt, um menschliche Tragödien wie jene im Kanton Zug zu vermeiden. Die SFH fordert die humanitäre Schweiz dazu auf, den nationalen Appell für eine menschliche Anwendung der Dublin-Verordnungen zu unterzeichnen.

Für Constantin Hruschka, Leiter der Rechtsabteilung der SFH ist aufgrund der aktuell unbefriedigenden Dublin-Praxis klar: «Gegenseitiges Vertrauen unter den Staaten darf nicht blind und taub für die berechtigten Anliegen der Flüchtlinge auf Schutz und ein menschenwürdiges Leben machen. Die sture Anwendung von Dublin zerreisst Familien aus administrativen Gründen – das ist inakzeptabel!»

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