Schweiz muss Anhörung von Kindern im Asylverfahren verbessern

29. März 2021

Das Recht auf Anhörung im Asylverfahren gilt auch für Minderjährige. Doch in der Schweiz wird es Kindern unter 12 Jahren meist nicht gewährt. Nach einer Rüge des UN-Kinderrechtskomitees wegen Verletzung der Kinderrechtskonvention muss die Schweiz ihre Praxis nun verbessern. Die Schweizerische Flüchtlingshilfe (SFH) hat dazu Empfehlungen erarbeitet, damit Kinder im Asylverfahren künftig tatsächlich eine Stimme haben.

Alle Kinder haben laut UN-Kinderrechtskonvention (KRK) Anspruch auf rechtliches Gehör, sobald sie in der Lage sind, ihre Meinung zu äussern – diese Regel gilt auch für das Asylverfahren. Die Schweiz hat die KRK ratifiziert, setzt jedoch diese Vorgabe nur ungenügend um. Das UN-Kinderrechtskomitee hat die Schweiz jüngst wegen Verletzung der KRK gerügt, weil im Falle einer Dublin-Rückführung einer asylsuchenden Familie die Kinder nicht angehört wurden. Das Komitee fordert dabei, dass die Schweizer Praxis verbessert werden muss, um das Wohl des Kindes und sein Recht auf Anhörung zu respektieren. Bis Ende März müssen die Schweizer Behörden zum Entscheid des Komitees Stellung nehmen.

Kein Mindestalter

Kinder unter 12 Jahren werden im hiesigen Asylverfahren meist nicht angehört mit der Begründung, dass sie sich noch keine eigene Meinung bilden könnten. Dem widerspricht das UN-Kinderrechtskomitee und hält fest, dass es kein Mindestalter für die Anhörung von Kindern gebe.

Die SFH hat Empfehlungen ausgearbeitet, damit alle Kinder im Asylverfahren ihren Anspruch auf rechtliches Gehör wahrnehmen können. Alle begleiteten Kinder ab 6 Jahren sollen im Asylverfahren systematisch und in altersgerechter Weise angehört werden, ausser wenn dies im Einzelfall nicht dem Kindeswohl entspricht. Wenn beispielsweise eine Anhörung eines stark traumatisierten Kindes das Risiko einer Re-Traumatisierung birgt, entspricht sie nicht dem Kindeswohl. Die SFH empfiehlt den Schweizer Behörden zudem die Entwicklung einer einheitlichen Praxis für Anhörungen von unbegleiteten Minderjährigen unter 12 Jahren. Die Kinder sollten die Möglichkeit haben zu wählen, wie sie angehört werden wollen. Die Vertrauensperson sollte das Kind dabei unterstützen, denn sie kann am besten einschätzen, ob und wie die Anhörung erfolgen soll, damit das Kindeswohl stets gewahrt bleibt. Zudem sollen die Kinder die Möglichkeit haben, sich auf altersgerechte Weise zu beteiligen – beispielswiese durch Zeichnen, Schreiben, oder mündliche Aussagen. Sie sollten ihre Aussagen nicht öfter als unbedingt nötig wiederholen müssen. Zu diesem Zweck wird die Verwendung von Video- oder Audioaufnahmen empfohlen. Zudem empfiehlt die SFH eine kontinuierliche Schulung aller Mitarbeitenden in den Bundesasylzentren, um zu gewährleisten, dass die Grundrechte der Kinder im Asylverfahren eingehalten werden.

Die Empfehlungen werden von folgenden Organisationen unterstützt: Institut international des droits de l’enfant (IDE), Internationaler Sozialdienst Schweiz (SSI) und UNO-Kinderhilfswerk (UNICEF).

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