Asylsuchende Opfer von Menschenhandel besser schützen

25. Mai 2021

Opfer von Menschenhandel müssen im Asylverfahren besser identifiziert und geschützt werden. Eine Arbeitsgruppe bestehend aus Fachorganisationen und Behörden hat Empfehlungen dazu erarbeitet. Die Fachorganisationen begrüssen zwar den Bericht, sie erkennen aber weiteren Handlungsbedarf. Insbesondere die Unterbringung der Betroffenen muss verbessert werden.

Die Fachstelle Frauenhandel und Frauenmigration (FIZ), das Centre social protestant Genf (CSP) und die Schweizerische Flüchtlingshilfe (SFH) begrüssen den Bericht der Arbeitsgruppe Asyl und Menschenhandel. Die Arbeitsgruppe war unter dem Nationalen Aktionsplan gegen Menschenhandel der Fachstelle gegen Menschenhandel und Menschenschmuggel des Bundesamts für Polizei fedpol eingesetzt und vom Staatssekretariat für Migration (SEM) geleitet worden. Sie legt im Bericht ihre Empfehlungen zur besseren Identifizierung und Unterstützung von Menschenhandelsopfern im Asylbereich dar.

Aus Sicht der drei Organisationen ist insbesondere der Schutz der Menschenhandelsopfer während des Dublin-Überstellungsverfahrens ungenügend. Die Schweiz sollte vor einer Überstellung im Einzelfall prüfen, ob die betroffene Person im Dublin-Staat Zugang zu ausreichenden Massnahmen zum Schutz und zur Betreuung von Menschenhandelsopfern hat. Andernfalls sollte die Schweiz selbst auf das Asylgesuch eintreten, um einer weiteren potenziellen Gefährdung und Ausbeutung der Opfer vorzubeugen.

Unterbringung und Personalausbildung verbessern

Die Unterbringung von Opfern von Menschenhandel sollte verbessert werden, denn die Bundesasylzentren können nicht den Schutz bieten, den die Betroffenen benötigen. Das SEM muss Massnahmen ergreifen, um Menschenhandelsopfer in jeder Asylregion in geeigneten Unterkünften unterzubringen, die von spezialisierten Organisationen betreut werden, wie beispielsweise die geschützten Unterkünfte von FIZ und Astrée. Betroffene müssen dort in einem eigenen Zimmer oder in einem Zimmer mit einer Person in einer ähnlichen Situation untergebracht sein. Wo solche spezialisierten Strukturen noch nicht bestehen, müssen sie geschaffen werden.

Auch die Identifizierung potenzieller Opfer von Menschenhandel muss weiter verbessert werden. Die Arbeitsgruppe empfiehlt dazu auch die proaktive Kontaktaufnahme mit spezialisierten Stellen sowie die zusätzliche Sensibilisierung und Weiterbildung aller im Asylverfahren tätigen Mitarbeitenden des SEM und dessen Leistungserbringer, die Kontakt zu potenziellen Opfern haben. Die Schulungen betreffen die Prävention und Bekämpfung von Menschenhandel sowie die Identifikation potentieller Opfer. Das ist ein Schritt in die richtige Richtung. Aus Sicht der drei Organisationen müssten die Kenntnisse und Fertigkeiten jedoch regelmässig aufgefrischt werden. Die Zusammenarbeit zwischen Leistungserbringern und erfahrenen Fachorganisationen, welche an der Weiterbildung beteiligt sind, sollte im Rahmen eines regelmässigen Fachaustausches systematisch erfolgen.

Die Schweizer Praxis zur Altersschätzung von minderjährigen Asylsuchenden entspricht grundsätzlich nicht den internationalen Richtlinien, was auch für Menschenhandelsopfer problematisch ist. So nehmen die Behörden etwa zu häufig medizinische Untersuchungen zur Altersschätzung vor und halten sich nicht an das Prinzip, dass im Zweifelsfall von der Minderjährigkeit auszugehen ist. Aus Sicht der Organisationen muss die Schweiz ihre Praxis grundsätzlich überdenken.

Kontakte:

CSP: Leila Boussemacer, leila.boussemacer@csp-ge.ch, 022 807 07 00

FIZ: Géraldine Merz, geraldine.merz@fiz-info.ch, 044 436 90 18

SFH: Eliane Engeler, media@fluechtlingshilfe.ch, 031 370 75 15

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