Nach dem Ständerat hat heute auch der Nationalrat der vom Bundesrat vorgeschlagenen Reform der vorläufigen Aufnahme im Ausländer- und Integrationsgesetzes (AIG) zugestimmt. Damit werden vorläufig aufgenommenen Personen Auslandreisen grundsätzlich untersagt.
Reiseverbot geht deutlich zu weit
Aus Sicht der SFH ist das unverhältnismässig und unvereinbar mit den verfassungs- und völkerrechtlich geschützten Grundrechten wie etwa der Bewegungsfreiheit und dem Recht auf Familienleben. Zudem ist diese Verschärfung unnötig: Bereits heute sind Auslandreisen für vorläufig Aufgenommene bewilligungspflichtig und nur erlaubt, wenn strenge Bedingungen erfüllt sind.
Die SFH fordert daher vom Bundesrat, in den Ausführungsbestimmungen nun keine weiteren Einschränkungen vorzunehmen. Die geltenden Ausnahmemöglichkeiten müssen vielmehr zwingend beibehalten und ergänzt werden – insbesondere müssen für vorläufig Aufgenommene auch Reisen möglich sein, um die Beziehungen zu Familienangehörigen pflegen zu können.
Berufliche Integration kaum erleichtert
Die Reform bringt zwar auch punktuelle Verbesserungen wie den erleichterten Kantonswechsel für vorläufig Aufgenommene, die deren berufliche Integration erleichtern sollen. Diese gehen in die richtige Richtung, sind aber so eng gefasst, dass das angestrebte Ziel verfehlt wird. Denn in der Praxis werden nur sehr wenige der Betroffenen tatsächlich davon profitieren.
Namentlich die vollständige Sozialhilfeunabhängigkeit als Bedingung sowie die einjährige Wartefrist für einen Kantonswechsel behindern weiterhin die Arbeitsmarktintegration. Hinzu kommt der bewusste Verzicht auf eine weniger missverständliche Bezeichnung der vorläufigen Aufnahme, obwohl sich diese erwiesenermassen integrationshemmend auswirkt, da sie nach wie vor potenzielle Arbeitgeber abschreckt.
Positiver Schutzstatus erforderlich
Die SFH vermisst hier bei Bundesrat und Parlament die nötige Konsequenz, um die Arbeitsmarktintegration von vorläufig Aufgenommenen als eines der zentralen Ziele der Integrationsagenda tatsächlich erreichen zu können. Die SFH fordert deshalb weiterhin einen neuen Anlauf zur Schaffung eines positiven Schutzstatus anstelle der vorläufigen Aufnahme. Nur so können die Integrationsperspektiven der Betroffenen nachhaltig verbessert und damit auch etwa die Sozialhilfekosten gesenkt werden.
Rund 47’000 Geflüchtete leben als vorläufig Aufgenommene in der Schweiz. Sie können nicht in ihre Heimat zurückkehren, weil dort beispielsweise Krieg herrscht oder ihnen Folter droht. Die meisten von ihnen bleiben jahrelang hier. Doch der Status erschwert den Betroffenen, in Gesellschaft und Arbeitsleben Fuss zu fassen. Die SFH fordert denn auch seit Jahren die rechtliche Gleichstellung von vorläufig Aufgenommenen und anerkannten Flüchtlingen.
Eliane Engeler
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