«Sehr gut gelandet!»

Abdi und Ramon sind in der Grossfamilie zu Hause

Unterschiedlicher könnten die beiden Freunde kaum aufgewachsen sein: Abdi, geboren 1987 in einer Kleinstadt auf 2600 m. ü. M. in direkter Nachbarschaft zum berühmten Bale Mountains National Park im Herzen des äthiopischen Oromo-Gebietes.  Abdi hat einen Bruder und 20 Halbgeschwister. Der Vater, heute über 100 Jahre alt, ist stolz auf seine grosse Familie.

Doch das Leben war auch geprägt von Gewalt, Willkür und Armut. Darum machte sich Abdi vor 18 Jahren zunächst nach Saudi-Arabien zum Arbeiten auf. «Mit meinem Arbeitgeber hatte ich Glück. Er hat mich nicht schlecht behandelt. Nachdem ich zuerst seine Tiere gehütet habe, hat er mir sukzessive immer mehr Aufgaben anvertraut.»

Nachdem ihn die saudischen Behörden 2014 kurzerhand in ein Flugzeug in Richtung Äthiopien gesetzt hatten, gelangte Abdi 2015 als Asylsuchender in die Schweiz.

Ramon, geboren 1984 im bernischen Schüpfen, wuchs mit zwei jüngeren Schwestern auf und durchlief eine typische Schweizer Schulkarriere, die ihn mit Anfang zwanzig bis an die Uni führte. Nach einem Jahr Kulturanthropologie aber brach er ab, orientierte sich neu und absolvierte eine Schreinerlehre. Zehn Jahre arbeitete er selbständig auf dem Beruf, bevor er erneut umsattelte und seit nunmehr weiteren zehn Jahren die Kochtöpfe rockt.

Im Umfeld der Kochtöpfe hätten sich Abdis und Ramons Lebenswege eigentlich schon zum ersten Mal kreuzen können. Bevor Abdi 2019 seinen negativen Asylentscheid erhielt, arbeitete er nämlich ebenfalls als Koch – zwar noch ohne Ramon, jedoch im bernischen Sigriswil und damit wieder in den Bergen. Eine deftige Berner Rösti bereitet er ebenso mühelos zu wie seinen Rüebli-Salat. «Legendär!», bestätigt Ramon.

Nach vier Jahren in der Nothilfe konnte Abdis Aufenthalt dank eines Härtefallgesuchs schliesslich regularisiert werden. Seit März 2023 leben er und Ramon nun zusammen in einer WG. Diese ist Teil eines idyllisch am Wohlensee bei Bern gelegenen Genossenschaftsprojekts. Gemeinsam mit 20 Erwachsenen, zehn Kindern und einigen Hühnern wohnen sie nicht bloss da – nein: Die beiden Freunde leben dort.