Von Barbara Graf Mousa, Redaktorin SFH
Shadrack Nsubuga, 26 und Jacqueline Bischofberger, 36 haben sich bei der Theatergruppe Malaika kennengelernt. Die «Malaikas», auf Kisuaheli und Arabisch «Engel», das sind rund vierzig Menschen mit und ohne Fluchterfahrung, die seit über zehn Jahren zusammen Theater spielen und kochen. Das erfolgreiche niederschwellige Integrationsprojekt mitten in Zürich hat schon viele Menschen zusammengebracht. Die meisten Mitwirkenden sind bis heute freundschaftlich miteinander verbunden, unterstützen sich gegenseitig im Guten wie im Schwierigen. Jacqueline und Shadrack erklären das so: «Der Leidensdruck bringt uns Malaikas zusammen. Wir haben alle viel Mitgefühl füreinander.»
Deutsch im Schnellgang
«Shadracks gutes Deutsch ist mir sofort aufgefallen», sagt die Theaterpädagogin Jacqueline. «Seine gute Aussprache und sein grosser Wortschatz, den er in sehr kurzer Zeit erlernt hat, das hat mich beeindruckt.» Shadrack Nsubuga ist aus Uganda geflüchtete und lebt erst seit zweieinhalb Jahren in der Schweiz. Inzwischen absolviert bereits das erste Lehrjahr seiner vier Jahre dauernden Elektrikerlehre bis zum eidgenössischen Fachausweis. «Ich habe in der Autonomen Schule in Zürich sehr schnell Deutsch gelernt», erklärt er. «Mein Ziel war klar: sofort einen B2-Abschluss zu erreichen, damit ich arbeiten kann.» Er fand durch eine Kollegin, die im gleichen Asylzentrum lebte wie er, zu den Malaikas und übernahm Stellvertretungen für diverse andere Mitspielende. Es kam vor, dass er kurzfristig zwei neue Rollen spielte in einer Vorstellung, wenn diese Malaikas gerade verhindert waren. «Jacqueline hat mich von Anfang sehr unterstützt und offen und herzlich aufgenommen», sagt Shadrack Nsubuga. «Wir haben uns von Anfang an gut verstanden.»
Gruppendynamik und Mitgefühl
Es sei schön und bereichernd, die Menschen in ihren Integrationsprozessen ein Stück weit zu begleiten, zu sehen, welche Wege sie gehen, mitzufiebern und mitzuleiden, was ihnen auch immer widerfährt, sagt Jacqueline Bischofberger. Ihre Erlebnisse fliessen in die Theaterstücke ein. Sie bestimmen die Inhalte der Theater von Anfang an mit, bringen auch empfindliche Themen ein, die manchmal umgesetzt werden können, manchmal auch nicht. Jacqueline: «Es gibt eine Gruppendynamik und das Mitgefühl füreinander ist sehr stark. Das berührt mich sehr.» Das kann Shadrack nur bestätigen: «Wir sind alle sehr solidarisch und stützen uns gegenseitig». Dann lacht er: «Viele persönlich erlebte Geschichten aus dem Integrationsprozess sind für ein Theaterstücke auch sehr geeignet.» Bei den Malaikas spielen auch Schweizerinnen und Schweizer mit. Einige sind bereits seit der Gründung mit dabei und engagieren sich dazu noch freiwillig mit Deutschkursen, Begleitung zu Behördengängen, Arztbesuchen und vielem mehr für geflüchtete Menschen. Ein Glücksfall, findet das Theater-Tandem Jacqueline und Shadrack. Zum einen wachsen beim gemeinsamen Theater spielen, der Entwicklung der Stücke bis hin zur Aufführung mit Kochen und Catering die Beziehungen zwischen Neuangekommenen und Einheimischen auf natürliche Weise. Zum anderen erweitert die bunte Schar der Mitwirkenden auch das Publikum dieses einmaligen Theaters. Die neue Produktion «Geschichten im Gepäck – Malaikas am Bahnhof» war an der Premiere jedenfalls sehr gut besucht und ist am 4. Juli 2025 im Bernhard-Theater in Zürich nochmals zu sehen.
Das Theater-Tandem im Kurzinterview
Wir haben Shadrack Nsubuga und Jacqueline Bischofberger die gleichen Fragen gestellt – hier sind ihre Antworten:
Was bedeutet für dich dazugehören?
Shadrack: Wenn du in eine neue Wohnung mit neuen Menschen einziehst, fühlst du dich zuerst fremd und unsicher. Du kennst die Mitbewohner nicht, sie kennen dich nicht. Aber man wächst zusammen, und in dem Moment, wo ich nicht mehr viel erklären muss, gehöre ich dazu.
Jacqueline: Vor zwei Jahren bin ich zur Theatergruppe «Malaika» gestossen. Sie haben mich warm empfangen und aufgenommen, mir gezeigt, dass sie sich interessieren für mich und meine Geschichten und Erlebnisse. Ich fühlte mich sofort dazugehörig.
Wann fühlst du dich zuhause?
Shadrack: Mit den Malaikas fühle ich mich zuhause. Hier fühle ich mich sicher und geborgen, weil ich sein kann, wie ich bin. Hier braucht es keine Erklärungen.
Jacqueline: Sich zuhause fühlen hat für mich viel mit Vertrauen zu tun. Wenn ich vertrauen kann, wenn man sich aufeinander verlassen kann, eine sichere Atmosphäre da ist und ich autonom sein darf, selbst entscheiden darf, dann fühle ich mich zuhause.
Was bereichert dein Leben?
Shadrack: Meine Lehre als Elektriker, die Herausforderungen dabei, dass es nicht so einfach ist, das macht es für mich spannend und bereichernd.
Jacqueline: Menschen, in ihrer Vielfalt mit ihren verschiedenen Geschichten, so wie die Malaikas, das empfinde ich als eine grosse Bereicherung im Leben.
Wie bereichert Shadrack dein Leben?
Jacqueline: Er zeigt mir eine andere Sichtweise auf das schweizerische Leben und die Kultur. Ich entdecke Positives im Staat, der Gesellschaft und der Kultur. Ich schätze seine Leichtigkeit und Fröhlichkeit.
Wann fühlst du dich willkommen?
Jacqueline: Ich fühle mich willkommen, wenn Menschen mich wahrnehmen, respektieren und sich für mich interessieren.
Shadrack: Wenn ich an einen Ort komme und die Leute sind glücklich, mich zu sehen. Jedes Mal, wenn ich zur Theaterprobe gehe, lächelt mich jeder an, winkt mir zu und sagt «Hallo Shady». Das gibt mir ein warmes Gefühl und das erleben alle Malaikas so.
Was macht dich glücklich?
Jacqueline: Zum Beispiel mit einem Kaffee in der Hand am frühen Morgen in ruhiger Naturumgebung in die Sonne blinzeln.
Shadrack: Die kleinen Sachen im Leben machen mich glücklich.
Wie hat dir Shadrack/Jacqueline schon geholfen?
Jacqueline: Shadrack hat mir oft auch neben dem Proben im Theaterbetrieb geholfen. Sei es Bühnenbild aufbauen oder Requisiten basteln. Er hilft auch anderen Malaikas.
Shadrack: Als ich einen Deutschkurs besuchte, hat mir Jacqueline ein paar Mal bei den Hausaufgaben geholfen. Auch beim Theaterspielen; sie hat mir gezeigt, wie man Emotionen auf der Bühne spielt, wie die Körpersprache auf der Bühne funktioniert und vieles mehr.
Was verbindet euch?
Jacqueline: Das Theaterspielen und die Passion zu dieser vielfältigen Welt.
Shadrack: Die Leidenschaft für das Theaterspielen verbindet uns.