Welche Unterstützung der Gäste wird von einer Gastfamilie erwartet?
Es ist sinnvoll, wenn Sie etwas Zeit einplanen können, um die Geflüchteten bei Alltagsfragen zu unterstützen. Was braucht die achtjährige Tochter für den Schuleintritt? Was hat dieser Brief von der Behörde zu bedeuten? Wann gehe ich zum Arzt und wann muss ich direkt in den Notfall? Wo sind günstige Einkaufsmöglichkeiten? Dies sind nur einige Beispiele von Alltagsfragen, die auftauchen können.
Der Bedarf an Unterstützung ist aber sehr individuell. Während die einen vielleicht mit Freude am Familienleben teilhaben, möchten andere Menschen mehr Ruhe und Rückzugsmöglichkeiten. Damit das Zusammenleben für beide Seiten angenehm gestaltet werden kann, ist deshalb die gegenseitige Klärung der Erwartungen zu Beginn der Vermittlung wichtig. Diese Erwartungen können am gemeinsamen Kennenlerngespräch mit der kantonal zuständigen Partnerorganisation geklärt werden. Bei Bedarf werden zu diesem Gespräch interkulturelle Dolmetschende beigezogen.
Was gilt es Spezielles zu beachten im Umgang mit geflüchteten Personen?
Alle Menschen sind froh, wenn sie genügend Privatsphäre haben. Wir fordern aus diesem Grund die Vermittlung von Personen nur in Wohnungen mit einem eigenen Zimmer.
Viele Geflüchtete haben existenzielle Sorgen und stehen unter einer Dauerbelastung. Im Herkunftsland herrscht Krieg und viele Verwandte, Freunde und Bekannte befinden sich noch im Krisengebiet. Mit dieser Belastungssituation gehen alle Menschen unterschiedlich um. Obwohl uns die Geschichte der Geflüchteten interessiert und wir Anteil nehmen möchten, sollten die Geflüchteten von sich aus das Thema ansprechen können. Gerade belastende Erfahrungen will man nicht jederzeit teilen.
Geflüchtete haben oft viel erlebt - im Herkunftsland und auf der Flucht. Es können Traumatisierungen vorhanden sein. Traumatisierungen und Anzeichen von posttraumatischen Belastungsstörungen sind oft nicht sofort erkennbar oder eindeutig zuzuordnen. Das Schweizerische Rote Kreuz bietet viele weiterführende Informationen in verschiedenen Sprachen und den Betroffenen professionelle Unterstützung.
Was muss für das Zusammenleben beachtet werden?
Grundsätzlich ist es wichtig, die gegenseitigen Erwartungen zu klären. Gehen Sie mit Offenheit auf die Personen zu, das gemeinsame Zusammenleben muss sich entwickeln können ohne bereits allzu starren Vorstellungen zu unterliegen. Wie in jeder Wohngemeinschaft werden dabei sicher neue Fragen und Diskussionen aufgeworfen.
Im gegenseitigen Gespräch und mit Verständnis für die jeweilige Situation des Gegenübers können sicher konstruktive Lösungen gefunden werden. Unsere Erfahrung aus den Gastfamilienprojekten während der Syrienkrise zeigt, dass mit einer offenen Haltung und der Klärung von Erwartungen diese Form des Zusammenlebens von allen Beteiligten als grosser Gewinn wahrgenommen wird!
Bei Konflikten steht Ihnen die Partnerorganisation als erste Anlaufstelle beratend zur Verfügung.
Weshalb ist eine private Unterbringung überhaupt sinnvoll/notwendig?
Eine Unterbringung bei einer Gastfamilie ist für die Geflüchteten gerade in den ersten Monaten von grossem Wert. Sie hilft den Menschen, sich hier willkommen zu fühlen und sich rascher zu integrieren. Durch das Zusammenleben mit bereits hier wohnhaften Menschen wird die Teilhabe am sozialen, kulturellen und wirtschaftlichen Leben in der Schweiz erleichtert. Der gegenseitige Austausch kann auch zu langfristigen Verbindungen führen und eine positive Dynamik entwickeln – das ist gelebte Integration!